Die Rufe der Zugvögel drangen von fern her zu dem Mann, der in der
nächtlichen Dunkelheit vom Wohnhaus auf dem Weg zu den Ställen seines Biohofes
war, um dort wie jeden Abend nach dem Rechten zu sehen. Er legte den Kopf in den
Nacken und lauschte den Schreien der Kraniche, die, den uralten Naturgesetzen
folgend, ihre Bahn am Nachthimmel zogen. Ein Gefühl des Friedens überkam ihn,
denn seit alters her galten diese majestätischen Vögel als Glücksbringer. In
diesem Augenblick wusste er nicht, dass es das letzte Glück war, das er
empfand, weil man ihn wenige Stunden später bestialisch ermordet in einem
seiner Bio-Ställe auffinden würde, wo er an einem Balken wie an einem Galgen
hängend, sein Leben ausgeblutet hatte wie ein Schlachtvieh.
Johannes Lichthaus, der ermittelnde Kommissar, stand vor einem Rätsel. Die
ersten Verdachtsmomente richteten sich auf die Familienmitglieder des
Ermordeten. Da waren zwei Söhne, wie sie unterschiedlicher nicht sein konnten,
deren Hass aufeinander und auf den Vater unverkennbar war und eine Ehefrau,
welche die meisten Stunden des Tages im Alkoholrausch verbrachte, vom Partner
enttäuscht und haltlos - durchaus Umstände, die verdächtig machten. Bis ein
weiterer Mord, dessen Opfer ein hohes Tier des Wirtschaftsministeriums war, ganz
andere Erwägungen brachte. War es möglich, dass hier ein Kampf gegen die
Öko-Landwirtschaft geführt wurde? Waren eventuell korrupte Kreise der Politik
oder Drahtzieher der Mafia am Werk? Eine Journalistin musste für ihre
bloßstellenden Recherchen zu einem Skandal teuer bezahlen, und der ermittelnde
Kommissar geriet unter Zeitdruck, weil er dem grausamen Verbrechen ein Ende
bereiten musste, bevor seiner Familie Gefahr drohte.
Paul Walz hat einen ausgezeichneten Kriminalroman geschrieben. Das Buch hat
einfach alles, was die Lektüre in diesem Genre auszeichnen sollte. Der Fall ist
interessant und hochaktuell, die Protagonisten - allen voran Johannes Lichthaus
- sind authentisch und nahe beim Leser, hervorragend skizziert und leicht
vorstellbar. Mit flüssiger, gut gewählter Sprache führt der Autor den Leser
durch eine Geschichte, deren Spannungsbogen zu keiner Zeit nachlässt, sondern
sich im Fortgang der Geschehnisse stetig erhöht, um in einem furiosen, nicht
vorhersehbaren Ende zu münden. Selbst die vereinzelten, brutalen Mordszenen und
-beschreibungen haben durch die kühle, berichtende Distanziertheit keinerlei
reißerischen Charakter. Ein intelligenter, interessanter Kriminalroman, der
einem Freund dieses Genres sicherlich genussvolle Lesestunden bereitet und mit
meiner uneingeschränkten Empfehlung auch alle zu vergebenden Sterne erhält.
Fazit
Paul Walz hat mit sehr gutem Sprachreichtum, intelligenten kriminalistischen
Schachzügen und viel Gespür für Aktualität den Krimi-Markt um ein
erwähnenswertes Buch bereichert.
Vorgeschlagen von brillenbaby
[Profil]
veröffentlicht am 15. Dezember 2013 2013-12-15 13:59:30