Mittelhochdeutsch ist für Deutschsprachige an sich keine Fremdsprache, wird
aber von Germanistikstudierenden als solche empfunden, vor allem, da es
zumindest in österreichischen und deutschen Gymnasien praktisch nicht behandelt
wird. Hier wird versucht, mit den Methoden des Faches Deutsch als Fremdsprache
die Schwierigkeiten beim Erlernen des Mittelhochdeutschen abzubauen.
Der Aufbau der Kapitel ist nicht einheitlich. Überall wird jedoch von einem
Text ausgegangen, einen hohen Prozentsatz kenn man aus dem Literaturunterricht
der Sekundarstufe I namentlich oder in Übersetzung ins Neuhochdeutsche. Die
Strophe I des Kapitels 1 ist die einzige Passage, die man im Deutschunterricht
in der Sekundarstufe I und II kennen lernt und die nur sehr oberflächlich
erklärt wird. Meist schließen sich Wortschatz, Grammatik, Übungstext und
Realientext an. Schriftgrad und -typ sind sehr angenehm. Merksätze sind grün
unterlegt, Realientexte grau. Informative und zahlreiche Abbildungen, Tabellen
und Grafiken ergänzen den Text. Siglen am Rand erleichtern das Lernen.
Für ein germanistisches Lehrbuch dieser Art ist der Text sehr verständlich
geschrieben. Kenntnisse aus dem Deutschunterricht der Oberstufe des Gymnasiums
sind Mindestanforderungen, günstiger wären Kenntnisse einer
AnfängerInnenlehrveranstaltung für Germanistik. Positiv hervorzuheben ist der
Extraband mit didaktischen Hinweisen und Lösungen, der unentbehrlich für das
Lernen ist. Marginalien weisen auf die Seitenzahlen im Hauptband hin, besonders
positiv hervorzuheben ist der Umstand, dass die AutorInnen die Vorschläge der
LeserInnen der ersten Auflage aufgegriffen haben, besonders bei der Erstellung
des neu heraus gebrachten Begleitbandes. Die Realienteile enthalten sehr
interessante Informationen. Die Qualität des Buches sieht man schon daran, dass
es nach zwei Jahren neu aufgelegt werden musste.
Das Buch verfolgt einen völlig neuen und originellen Ansatz, der bei nicht mehr
gesprochenen Sprachen erst selten angewendet wird. Dieser Ansatz ist originell,
aber auch bei anderen Sprachen problematisch. Das Heraussuchen der Informationen
war leider sehr mühsam. Im Unterricht soll einem etwas beigebracht werden und
wo man sich nicht einen hohen Prozentsatz der Informationen mühsam
zusammensuchen muss. Ich würde nie auf diese Art und Weise eine lebende oder
tote Sprache unterrichten (früher Nachhilfelehrerin für Deutsch, Latein und
Altgriechisch und seit einigen Jahren VHS-Dozentin für Latein, Altgriechisch,
Althebräisch, Phönikisch-Punisch, Alt- und Reichsaramäisch mit einer
Kurzeinführung ins Hieroglyphische). Ein Vokabelverzeichnis am Ende des Buches
wäre wünschenswert gewesen. Ich bin aus diesem Grund an mehreren Stellen
"ausgestiegen" und musste im Lösungsteil nachsehen. Allerdings wird
der Stoff nicht kontinuierlich schwieriger, es wird stellenweise wieder
leichter. Die Kapitel sind nach Themenkreisen und anscheinend nicht nach dem
Schwierigkeitsgrad angeordnet. Die Anschaffung des Begleitbandes zur
Bewältigung des Stoffes und zur Kontrolle der Übungen ist dringendst zu
empfehlen.
Fazit
Mit Erfolg kann man mit dem Buch nur mit Lehrer arbeiten, für das Selbststudium
ist es trotz des hervorragenden Begleitbandes zu schwierig. Der Einsatz in
einschlägigen Germanistik-Lehrveranstaltungen kann ich sehr empfehlen, jedoch
aufgrund der angeführten Kritikpunkte leider nur acht Punkte vergeben.
Vorgeschlagen von Brigitte Ecker
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veröffentlicht am 07. Dezember 2013 2013-12-07 18:56:47