Kimberly McCreights Thriller fügt sich nahtlos in die Reihe ihrer
herausragenden Werke wie »Eine perfekte Ehe«, »Freunde für immer« und
»Eine perfekte Mutter«. Meine vorherigen Artikel über die Autorin und den
Extrabeitrag über Kimbery McCreight zeigen verdeutlichen bereits, wie sehr ich
ihre Romane schätze. Daher war ich voller Vorfreude auf ihr neues Werk.
Cleo erhielt eine eindringliche Nachricht ihrer Mutter, die sie sofort zu sich
rief. Obwohl Cleo die dramatischen Anrufe ihrer Mutter Kate kennt, klang es
dieses Mal besonders dringend. Daher brach sie sofort auf. Als Cleo vor der
Haustür steht und klingelt, öffnet ihre Mutter nicht. Cleo schreibt ihr
schnell, dass sie bereits seit geraumer Zeit vor der Tür steht und sie solle
bitte öffnen, wenn sie schon so schnell herbeigeeilt ist. Beim Klopfen an die
Tür stellt Cleo fest, dass sie nur angelehnt ist und sich leicht öffnen
lässt. Sie tritt ein und ruft in die Wohnung ihrer Mutter, dass die Tür offen
stand und sie jetzt da sei.
In der Küche schellt der Rauchmelder und im Herd verkohlen wohl Hähnchenteile
zu Stein. Cleo öffnet Fenster und stellt den Rauchmelder ab, zumal der Nachbar
unentwegt gegen die Wand bollert wegen des Lärms aus dieser Wohnung. Doch kein
Zeichen, kein Ton von Kate. Cleo muss konstatieren, dass ihre Mutter nicht in
der Wohnung ist. Aber Kate hätte den Herd nie eingeschaltet gelassen, wenn sie
die Wohnung verlassen hätte. Es muss irgendetwas passiert sein.
Der Thriller ist detailreich strukturiert. Nach dem Einstieg gibt es die erste
Rückblende auf acht Tage zuvor, die erklären soll, warum es zur Situation im
ersten Kapitel gekommen ist. Der Prolog geht weitaus weniger auf irgendwann
zuvor Geschehenes ein, sondern bestimmt das Thema des Romans: Das Verhältnis
von Müttern zu ihren Kindern. Zwischen den Kapiteln werden immer wieder Zitate
aus Akten, Dokumenten und Portalen, die Hintergrundwissen zum Geschehen und den
Motiven der Handelnden liefern. Diese Abschnitte sind sehr gut durch eine andere
Schrifttype gekennzeichnet.
Als Leser nähert man sich einerseits und entfernt sich andererseits mit jedem
Kapitel dem ersten Kapitel. Mit den Kapiteln aus Kates Sicht nähert man sich
dem Geschehen, angefangen acht Tage zuvor. Mit Cleos Kapitel entfernt man sich
minuten-, stunden- und tageweise vom Geschehen und beobachtet, wie sie das Leben
ihrer Mutter ergründet. Der Stil von Kimberley McCreight ist also auch in
»Tochterliebe« ist ein faszinierendes Verwirrspiel. Leser, die mit den
unterschiedlichen Perspektiven nicht so gut klarkommen, sollten die Finger von
diesem Thriller lassen. Ich persönlich fand dieses Verwirrspiel sehr
strukturiert.
Aus welcher Perspektive ein Kapitel geschildert wird, wird durch den Namen der
Figur als Kapitelüberschrift angezeigt. Zusätzliche Angabe in der
Kapitelüberschrift geben Orientierung. Aber keine Bange, man verliert nicht den
Überblick, man muss nur die einzelnen Puzzle-Teilchen an die richtige Stelle
rücken. Dabei hat dieser Thriller aber auch gar nichts mit cosy crime zu tun.
Er ist einfach verdammt gut konstruiert und hält am Ende viele Überraschungen
parat, mit denen man zu Beginn auf keinen Fall gerechnet hätte.
Keine Sorge, aufmerksame Leser werden den Faden nicht verlieren. Es genügt, die
einzelnen Puzzleteile passend zusammenzufügen. Dieser Thriller gehört jedoch
keineswegs zum Genre des gemütlichen Verbrechens. Er ist äußerst geschickt
aufgebaut und birgt am Ende viele unerwartete Wendungen, mit denen man zu Beginn
keinesfalls gerechnet hätte.
Für Liebhaber von verwirrend spannenden Thrillern sollte dieser ein Muss sein.
Fazit
Insgesamt zeigt sich, dass die Geschichte um Tochterliebe und das Geheimnis in
der Familie einen superguten Plot bietet. Die Erzählung beginnt sanft und
entwickelt sich immer weiter, während die Spannung durch unerwartete Wendungen
und Überraschungen gesteigert wird. Durch Kat, die in der Ich-Perspektive ab
acht Tage vor ihrem Verschwinden spricht, und Cleo, die als Ich-Erzählerin in
Stundentakt ihre Recherchen vorantreibt, wird der Leser in eine emotionale
Achterbahn mitgenommen. Cleos Misstrauen gegenüber ihrer Umwelt verstärkt das
Gefühl der Unsicherheit und der Dramatik.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 03. April 2025 2025-04-03 08:16:04