Amelie glaubt, in ihrem Leben angekommen zu sein. Sie ist seit einigen Jahren
mit ihrem ehemaligen Dozenten Michael liiert, in den nächsten Monaten soll
Hochzeit sein. Das Studium hat sie erfolgreich abgeschlossen. Ein Verlag hat
sich für ihre Recherchen über Beatrix Lambton interessiert und möchte ein
Buch herausbringen. Ihre Freundin Diana lebt gerade in Neuseeland, aber dank
Internet nimmt sie rege an deren Leben teil. Was braucht es noch? Doch dann muss
Amelie schmerzlich erfahren, dass Michael mit einer anderen Frau ein Kind
bekommt. Sie war davon ausgegangen, dass Michael den Seitensprung vor einigen
Monaten tatsächlich nur einmal begangen hat und die Affäre längst beendet
ist. Sie hat ihm und ihrer beider Liebe eine zweite Chance gegeben. Die
Nachricht von dem werdenden Kind, obwohl doch sie zusammen mit Michael eine
Familie gründen wollte, bricht wie ein Novembersturm über sie herein. Sie
flüchtet nach Pembroke in Wales, dem Ort, in welchem die Lambton-Schwestern vor
über hundert Jahren lebten, über deren Leben sie schreibt. Doch Amelie wird in
diesem Ort von den Einwohnern angefeindet, ohne dafür ein Motiv erkennen zu
können. Dann deutet sich an, dass sie hier bereits gelebt hatte und für die
Einwohner keine Unbekannte ist. Erinnern kann sie sich daran nicht. Eine Reise
in die Vergangenheit beginnt...
Julie Peters hat eine unterhaltsame und spannende Geschichte um die Suche nach
dem Ich, die Suche nach den Wurzeln geschrieben. Die Protagonistin Amelie ist
ohne Vater aufgewachsen, ihre Mutter hatte und wollte ihr nichts über ihren
Vater erzählen. Die Wut um das Fremdgehen ihres Freundes und die Recherchen
für ihr Buch treiben die Protagonistin auf den Weg in ihre eigene
Vergangenheit. In einer Parallelhandlung wird dabei vom Leben der
Lambton-Schwestern vor hundert Jahren erzählt. In nahezu jedem Kapitel aus der
Gegenwart gibt es einen großen Absatz aus damaligen Zeit. Kenntlich wird dies
durch eine andere Schriftart gemacht. Damit werden scheinbar zwei Geschichten in
einem Roman angeboten. Doch schnell stellt sich heraus, dass die Protagonisten
von vor hundert Jahren kaum einen Unterschied zu denen aus der Gegenwart
aufweisen. Hier wie dort geht es um das Fremdgehen, um die Liebschaften der
Männer, denen dies verzeiht wird, hingegen die Frauen gnadenlos dafür bestraft
werden. Geht es in der Gegenwart um Schwangerschaft, so geht es auch in der
Vergangenheit um Schwangerschaft. Können sich die Frauen in der Gegenwart nicht
zu einer Entscheidung durchringen, so können sie es auch im Gestern nicht.
Damit stellt sich die Frage, warum überhaupt dieser Griff zu der
Parallelhandlung gemacht, zumal sie nach zwei Dritteln des Buches von der
Autorin offenbar vergessen wurde? Still und heimlich gibt es plötzlich keine
Ausflüge in die Vergangenheit mehr. Schade, war es doch eine angenehme und
nette Verbindung in die Vergangenheit, die mit noch so mancher Überraschung
aufwarten konnte.
Peters hat mit diesem Roman das Thema der heutigen Girli-Generation
aufgegriffen, die nicht in der Lage ist, Entscheidungen zu treffen. Ständige
Zweifel nagen an der Protagonistin, sie ist hin- und hergerissen zwischen ihren
Wünschen und dem, was sie für sinnvoll hält, kann jedoch keinen Schlussstrich
ziehen oder mit der Faust auf den Tisch hauen, wie man es sich wünschen würde.
Doch darin liegt bis zu einem gewissen Grade auch die Spannung dieses Romans.
Denn der Leser wartet auf die längst fällige Entscheidung. Da die parallele
Handlung eh im Sande verläuft, hätte man mit dem Kürzen des Romans weit mehr
gewonnen
Fazit
Mein Fazit: unterhaltsam, spannend, etwas langatmig. Aber ohne Frage macht es
Spaß, ihn zu lesen.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 23. November 2013 2013-11-23 15:53:46