"Im Leben des jugendlichen Ich-Erzählers läuft streng genommen wenig
rund: Die Mutter ist mit einem 13 Jahre jüngren Tankwart durchgebrannt, für
den stark dem Alkohol zusprechenden Vater, von ihm nur "Chef" genannt,
gehören Prügel zu den gängigen Erziehungsmethoden. Seine ältere Schwester -
die "Mönchsrobbe" - hat sich in eine fiebrige Frömmigkeit
geflüchtet. Unser Held ist einer, der eine große Klappe hat und nie weint: der
seine Träume und Verletzlichkeiten hinter einer unerschütterlichen Arroganz
versteckt, obwohl er jeden Tag Niederlagen einstecken muss und sogar von der
schönen, unnahbaren Chiara, in die er sich verliebt, Prügel bezieht. Mit
seiner Großspurigkeit geht er seiner Umgebung schwer auf die Nerven.
Aber dann zeigt ihm ein Schicksalsschlag, der die Familie trifft, dass er dem
Vater und der "Mönchsrobbe" näher steht als gedacht. Und vielleicht
ist er sogar Chiara nicht ganz so gleichgültig, wie es zunächst
erscheint."
Diese Inhaltsangabe des Buches auf der Verlagsrückseite fasst kurz und knapp
zusammen, um was es hier geht. Erzählt wird die Geschichte eines jugendlichen
Einzelgängers, der zunächst ausgesprochen unsympathisch wirkt. Doch dies ist
nur ein Selbstschutz, um mit den oben geschilderten Familienverhältnissen klar
zu kommen. Je länger ich das Buch las, desto deutlicher wurde mir, dass es sich
bei dem Protagonisten nicht um einen Versager - wie etwa Holden Caulfield aus
Salingers "Der Fänger im Roggen" - handelt (mit dem er in zahlreichen
Rezensionen dieses Buches meines Erachtens zu Unrecht verglichen wird), sondern
um einen Jugendlichen, der niemals aufgibt und sich daher den Respekt und die
Zuneigung des Lesers erwirbt. Ich kann mich den Worten Giuseppe Gennas auf der
Rückseite des Buches nur anschließen: "Der Held ist ein seltsamer Junge,
zartfühlend und unausstehlich zugleich. So einen liebt man bedingungslos oder
man hasst ihn. Ich habe ihn geliebt, diesen jugendlichen Helden eines Romans, in
dem ich die große Tradition der Erzählungen talentierter Verlierer wieder
gefunden habe."
Für mich ist entscheidend, dass der namenlose Protagonist im Verlaufe der zehn
Monate (Oktober bis August), die dieser Roman umfasst, eine Entwicklung
durchmacht und nicht - wie Caulfield - einfach auf einer Entwicklungsstufe
stehen bleibt und daraufhin in Selbstmitleid verfällt. Und ein Verlierer? Das
ist der Erzähler meines Erachtens definitiv nicht. Ein Roman eines
"tragischen Helden" mit unerwarteten Wendungen und durchaus witzigen
Pointen, die zeigen, wie genau der Jugendliche seine Umwelt beobachtet. Dabei
zeigt sich, dass er sehr viel einfühlsamer ist, als es auf den ersten Blick
erscheint. Es ist diese charakterliche Entwicklung des Helden, die die
Geschichte spannend werden lässt und dazu führte, dass ich das Buch in einem
Zug durchgelesen habe: ich wollte einfach wissen, wie die Geschichte weitergeht
und war gefesselt von diesem Jungen, die mich sehr beeindruckt hat, weil er nie
aufgibt und sich als vielschichtiger Charakter erweist, der nicht eindimensional
und damit "vorhersehbar" ist.
Fazit
Ein Buch, dem ich viele Leser wünsche.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 27. Juli 2013 2013-07-27 11:47:12