Bei diesem zweiten Band von Harry Potter handelt es sich meines Erachtens um
eine gelungene Fortsetzung von Band 1. Harry erlebt sein zweites Jahr in
Hogwarts und erlebt mit seinen Freunden Ron und Hermine neue Abenteuer.
Insbesondere kommt er seiner Vergangenheit auf die Spur. Er erfährt, dass sein
großer Gegner, Lord Voldemort, früher Tom Riddle hieß, und der bislang beste
Slytherin-Schüler in Hogwarts war, den die Schule je kannte.
Insgesamt ist dieser Band gruseliger als Band 1 und lebt vom Motiv der
"Steigerung". Alle Erlebnisse sind um ein Grad spannender,
actionreicher. So wird Hermine zeitweise versteinert, Draco Malfoy und seine
fiesen Freunde Goyle und Crabble werden - zusammen mit Lucius Malfoy, Dracos
Vater, zu ernsthaften Gegenspielern sowohl Harrys als auch Albus Dumbledores,
des merlin-artigen gütigen Direktors von Hogwarts.
Nach der Lektüre von Band 5 fällt mir auf, wie recht Michael Maar in seinem
Buch: "Warum Nabokov Harry Potter gemocht hätte" hat, wenn er
schreibt, dass bestimmte Motive späterer Bände hier behutsam vorbereitet
werden. So wird Dumbledore zeitweise amtsenthoben, Zaubereiminister Cornelius
Fudge tritt erstmals (kurz) auf; der Hass Snapes auf Harry Potter wird immer
stärker - was besonders beim Zweikampf zwischen Draco Malfoy und Harry
ersichtlich wird, den Snape durch das Herbeizaubern einer Schlange - die Harry
nur durch Beherrschen der Schlangensprache besiegt - deutlich wird.
Bereits hier zeigt Rowling literarisches Können; ihre zauberhafte Welt, in die
man als Leser regelrecht versinken kann, wird zunehmend vertrauter; die
Charaktere differenzierter. War Band 1 eine gelungene Exposition, so bildet Band
2 eine gelungene Brücke zu späteren Ereignissen.
Er ist nicht so spektakulär wie der folgende 3. Harry-Potter-Band, jedoch
literarisch meines Erachtens solider, da er keine "unerlaubten"
Hilfsmittel, wie den Zeitumkehrzauber - für mich eher Ausdruck einer gewissen
literarischen Ratlosigkeit - wie in Band 3 gebraucht. Schade, dass - im
Gegensatz zu Band 1 - Hermine eine deutlich geringere Rolle als dort spielt, da
sie zeitweise zur Passivität verurteilt wird. In Band 1 wurde im glänzenden
Finale deutlich, dass nur durch die Gemeinschaft aller (Rons Beherrschung des
Zauberschach, Hermines Kombinationsgabe, Harrys unerschrockener Mut) das Böse
zu besiegen war; einen "omnipotenten" Helden gab es in Band 1 nicht.
Dies fand ich sehr "sympathisch". In diesem Band hingegen wird Harry
immer mehr zur Helden- und Zentralfigur aufgebaut, Ron - und auch Hermine -
spielen hier nur Nebenrollen - dies führt insbesondere in Band 4 ja zu
Spannungen. Insofern hat mir Band 1 noch besser gefallen, er schien mir besser
strukturiert und glaubwürdiger in der Handlung; nun gab es dort natürlich
viele neue und anregende Elemente, die in diesem Band schon "bekannt"
und daher "Wiederholung" sind. Dies mag erklären, warum dieser Band
etwas im Schatten des ersten zu stehen scheint; in der Kritik wie auch bei der
Beliebtheit bei den Lesern, wie Umfragen zeigen.
Fazit
Nichtsdestotrotz meinens Erachtens eine gelungene Fortsetzung von Band 1. Sehr
lesenswert.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 14. Dezember 2003 2003-12-14 11:12:30