Es ist 10 Jahre her, dass ihr Mann sie anlässlich ihres 24. Geburtstages zu
einem Kurs für Literarisches Schreiben anmeldete. Doch die 1979 geborene und in
Colorado lebende, amerikanische Autorin Becca Fitzpatrick konnte damit ihren
seit Langem bestehenden Traum vom Schreiben näherkommen und nutze ihre Chance.
Bereits damals begann sie mit der Arbeit an Hush Hush. Zusammen mit anderen
AutorInnen war sie auch an einer Sammlung von Kurzgeschichten beteiligt, die
unter dem Titel Kiss me deadly - 13 tales of paranormal love veröffentlicht
wurde.
Ihr Debütroman landete auf der Bestsellerliste der New York Times und erregte
auch außerhalb der Staaten Aufmerksamkeit. Page & Turner veröffentlichte die
deutschen Übersetzungen der Hush Hush Saga unter dem Reihentitel Engel der
Nacht. Die Cover der amerikanischen und deutschen Ausgaben von Band 1 (Hush
Hush/Engel der Nacht) und Band 3 (Silence/Rette mich) sind vom Motiv her gleich
geblieben. Ob das Motiv von Band 4 (Finale) ebenso vom amerikanischen Original
abweicht wie Band 2 (Crescendo/Bis das Feuer die Nacht erhellt) ist mir nicht
bekannt. Sicher ist jedoch, dass LD Entertainment sich mittlerweile die
Filmrechte an der Buchreihe sicherte. Noch ist allerdings nicht gewiss, ob
tatsächlich ein Film daraus wird.
Es empfiehlt sich, die Bücher in der Reihenfolge ihrer Erscheinung zu lesen,
denn obwohl im dritten Band einiges wiederholt wird, würde sonst einfach zu
viel fehlen. Wie zuvor gelingt es der Autorin auch im dritten Band, eine
atmosphärische dichte Hintergrundatmosphäre zu schaffen. Reales wird mit
Fantasy gemixt.
Obwohl ich zugegebenermaßen mit Büchern, die (gefallene) Engel thematisieren,
das eine oder andere Problem habe, versuche ich mich immer wieder daran. Und so
habe ich mir vor etlichen Wochen in die beiden Vorgängerbücher vertieft.
Im ersten Band begegnete Nora Patch zum ersten Mal. Der wirkt unheimlich und
geheimnisvoll auf sie und ist ihr nicht ganz geheuer. Erschwerend kommt hinzu,
dass sich Nora immer häufiger verfolgt fühlt. Obwohl sie nicht ausschließen
kann, dass Patch dahinter steckt, fühlt sie sich zu ihm hingezogen. Außerdem
würde sie zu gerne wissen, was die seltsame Narbe auf seinem Rücken zu
bedeuten hat. Den Reihenauftakt fand ich durchwachsen, doch machte er mich
neugierig auf die Fortsetzung.
Dass Nora wahrhaftig Kontakt mit einem Engel hat, wird bald klar. Noch dazu mit
ihrem Schutzengel, der sein Leben für sie opfert. Doch statt im zweiten Band
ihre Gefühle für Patch, die übrigens auf Gegenseitigkeit beruhen, ausleben zu
können, muss sie feststellen, dass Patch sich zunehmend zurückzieht. Und auch
noch Interesse für ihre Erzfeindin Marcie Millar entwickelt. Nur gut, dass
Patch dennoch seine schützende Hand über sie zu halten scheint. Denn im
Zusammenhang mit der Suche nach der Wahrheit bezüglich ihres vor Jahren
verschwundenen Vaters gerät sie auf gefährliches Terrain. Allerdings, je
näher sie dieser Wahrheit kommt, desto mehr muss sie Patchs Verhalten
hinterfragen. Obwohl dieser Band mir etwas weniger gefiel als der Vorgänger,
blieb meine Neugier auf die Fortsetzung erhalten.
Der dritte Band Rette mich setzt mit dem Erwachen Noras auf einem Friedhof an.
Nein, sie ist nicht gestorben und beerdigt worden. Allerdings fehlen ihr fünf
Monate in ihrem Gedächtnis. Sie wurde offenbar entführt, kann sich jedoch an
nichts erinnern. Nicht einmal an Patch. Ihre Mutter und ihre beste Freundin
scheinen mehr zu wissen, geben dieses Wissen jedoch nicht wirklich preis. Der
Vater ihrer Erzfeindin Marcie Millar hat sich zwischenzeitlich an Noras Mutter
herangemacht, was in Nora alle Alarmglocken schrillen lässt. Und ein alter
Bekannter meldet sich zurück, gerade als sie eine seltsame Warnung in ihrem
Zimmer findet. Als sie und Patch sich ebenfalls wiedersehen, dringen immer mehr
Erinnerungen an die Oberfläche und verwirren Nora zusehends. Wem kann sie
trauen, wem nicht?
Soweit so gut. Durch diesen Gedächtnisverlust wird die Geduld von Fitzpatricks
LeserInnen auf die Probe gestellt. Wer die Vorgängerbücher gelesen hat, weiß,
was Nora darin so alles widerfahren ist. Genau dadurch entwickeln sich bei ihrem
Versuch sich zu erinnern Längen, die dem Spannungsbogen nicht gut tun. Man
braucht also Durchhaltevermögen. Denn obwohl Nora dickschädelig geblieben ist
und neuerdings sogar etwas biestig wirkt, muss man sich erst einmal durch
langatmige Überlegungen, Streitgespräche mit Vee und ihrer Mutter und
Ähnliches kämpfen. Etwas unglaubwürdig fand ich in diesem Zusammenhang ihren
Versuch, ihr altes Leben wieder aufzunehmen. Der Spagat zwischen dem
fantastischen Engelelement und dem normalen Dasein eines amerikanischen
Teenagers erscheint spätestens in Rette mich zu gewagt, um wirklich authentisch
zu wirken.
Da Nora sich nicht an Patch erinnert und der anfangs nur spärlich in
Erscheinung tritt, hat sie keine Beziehungsprobleme (die in Band 2 fast zu viel
waren). Da Patch allerdings eine, wenn nicht für viele LeserInnen gar die
tragende Figur im Geschehen ist, fehlt hier eindeutig etwas. Vee, die mir in den
Vorgängerbüchern nicht sehr sympathisch und eher nervig-aufdringlich vorkam,
ist glücklicherweise im dritten Buch auch deutlich in den Hintergrund getreten.
Oder doch nicht glücklicherweise? Denn bei den Längen hätten ein paar ihrer
Kommentare hier womöglich durchaus gut getan.
Patch hat sich zurückgezogen, um Nora zu schützen. Allzu gesprächig ist er ja
sowieso grundsätzlich nicht. Allerdings strebt er seinem Ziel so eigenmächtig
entgegen, dass man auch als LeserIn nicht so wirklich versteht, was hier gerade
Sache ist. Das liegt auch daran, dass genau wie in den Vorgängerbüchern der
eine oder andere Handlungsfaden (nicht nur Patch betreffend) rot aufleuchtet und
sich dann stillschweigend im Nichts verliert. Wie zuvor scheint nicht alles
schlüssig verwoben und logisch, und da dies mittlerweile der dritte Band ist,
sollte die Autorin für mein Dafürhalten langsam in die Gänge kommen, was
Antworten betrifft. Andererseits liefert sie diese zumindest teilweise. Doch so
wie sich Noras Erinnerungen wieder einstellen, ergeben sich einige Verwicklungen
bezüglich ihres leiblichen Vaters, die etwas absonderlich und recht konstruiert
wirken.
Fazit
Vielleicht bin ich einfach zu alt, doch nachdem mir Bis das Feuer die Nacht
erhellt schon nicht mehr so gut wie der Auftaktroman gefallen hat, fand ich
Rette mich weniger unterhaltsam als den zweiten Band der Reihe. Manches wird zu
konstruiert, anderes zu oberflächlich, das eine oder andere zu langatmig und
mehrere Dinge zu unglaubwürdig, als das mich das Buch wirklich fesseln konnte.
Und wieder war es Patch, der mir bei aller Kürze seiner Auftritte am ehesten
zugesagt hat. Spätestens jetzt bin ich wirklich am Überlegen, ob ich den
vierten Band der Reihe nach seinem Erscheinen denn überhaupt noch lesen
soll.
Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 24. April 2013 2013-04-24 10:33:59