Hinter dem Pseudonym Aileen P. Roberts steckt die in Süddeutschland lebende
Claudia Lössl. Die kam durch ihren Mann zum Schreiben. Teilweise erscheinen
ihre Bücher im Selbstverlag. Goldmann veröffentlichte 2009 ihren
Fantasy-Zyklus Thondras Kinder. Mit der Weltennebel-Trilogie legte die Autorin
nach. Gerade liegt ihr Roman Elvancor vor mir, der ebenfalls von Goldmann auf
den Buchmarkt gebracht wurde.
In Elvancor - Das Land jenseits der Zeit geht es um die 18jährige Lena, deren
Start ins Erwachsenenleben etwas anders verläuft als geplant. Eigentlich wollte
sie ja reisen und raus aus der öden Provinz. Dank ihrer eigenen Dummheit und
der ihres Exfreundes muss sie jedoch Sozialstunden in einem Altenheim ableisten
und hat mehr oder weniger Hausarrest. Bei ihren Sozialstunden lernt sie eine
alte Frau kennen. Eigentlich denkt Lena, dass die alte Frau etwas wirr im Kopf
sein muss und die fantastischen, zu magisch anmuteten Bildern passenden
mystischen Geschichten frei erfunden sind. Doch nach deren Tod ergeben sich
Umstände, die Lenas Welt ins Wanken bringen. Zusammen mit Ragnar, dem Enkel der
alten Frau Winter, macht sie sich auf eine Schatzsuche mit unbekanntem Ausgang.
Abgeschlossen ist die Geschichte nach 448 Seiten nicht. Es gibt einen zweiten
Teil, mit dem Titel Das Reich der Schatten. Dieser soll im August 2013
erscheinen. Wer frühere Bücher der Autorin kennt, weiß, dass mit Sicherheit
einige Fragen aufgeworfen und im ersten Teil nicht erschöpfend beantwortet
werden. Die Bücher sollten also in der Reihenfolge ihrer Erscheinung gelesen
werden.
Die Inhaltsangabe las sich sehr interessant für mich. Und da ich Geschichten
mag, in denen Drachen, magische Portale oder die Suche nach mystischen
Gegenständen vorkommen, stürzte ich mich so schnell als möglich nach Erhalt
auf das Buch. Es geht (wie in vielen anderen Fantasyromanen auch) darum, dass
die reale und eine mystische Welt aufeinandertreffen. Dass Wesen von der einen
zur anderen Welt wechseln können, was nicht immer gut ist. Und grundsätzlich
um das Thema Hoffnung.
Gleich vorab: Obwohl sehr gut erklärt wird, was es mit Elvancor - Das Land
jenseits der Zeit auf sich hat, führte mich dieser Titel völlig in die Irre.
Ich ging davon aus, dass ich als LeserIn an der Seite von Ragnar und Lena einen
Großteil des Buches in Elvancor verbringe. Doch dem war nicht so. Auch die
Suche nach dem mystischen Schatz, auf die die verstorbene Frau Winter Lena und
Ragnar gemeinsam ansetzt, gestaltet sich eher nebenbei und etwas langwierig.
Erst gegen Ende des Buches nimmt der Roman deutlich an Fahrt auf, in dem,
nebenbei erwähnt, die Pferdeliebe der Autorin deutlich zu spüren ist.
Überhaupt kamen mir die fantastischen Elemente und damit im Grunde die Spannung
etwas zu kurz. Ein paar Schattenwesen, die erst relativ spät klar auszumachen
sind, ein paar Geister, ein magisches Amulett. Hinzu kommt, dass ich mich mit
Lena nicht anfreunden konnte. Die kam mir das ganze Buch hindurch zickig und
mürrisch vor, konnte wenig Sympathiepunkte sammeln. Ihr beständiges Wanken
zwischen einem Arbeitskollegen und Ragnar, und überhaupt ihr ganzes Verhalten,
erscheint sehr unreif und oberflächlich. Magische Momente, die sie ja durchaus
erlebt, akzeptiert sie ohne Fragen. Dann jedoch stellt sie Dinge infrage, die
bei mir für hochgezogene Augenbrauen sorgten. Wenn ich wie sie bewusst erleben
würde, dass sich vor meinen Augen, in meinen Händen, Teile eines Amuletts fest
zusammenfügen, würde ich zumindest nicht mehr infrage stellen, dass es
grundsätzlich Dinge zwischen Himmel und Erde gibt, die eigentlich nicht sein
können.
Doch es gab auch sympathische Figuren. Allen voran Frau Winter. Auch deren
geheimnisvollen Geliebten aus Elvancor oder Lenas Oma fand ich ganz nett. Und
obwohl Ragnar mir in großen Teilen zu distanziert vorkam, gehört er doch eher
zu denen, die mir positiv auffielen. Alle zusammen stehen jedoch eher im
Hintergrund, obwohl sie im Grunde genommen Schlüsselfiguren zu sein scheinen.
Und grundsätzlich ist es ja auch so, dass man nicht Romancharaktere nicht
zwingend mögen muss. Tatsächlich sind Roberts Figuren sehr realitätsnah
beschrieben. Teils zu oberflächlich skizziert wirken sie dennoch echt. Genau
wie die Handlungsorte, die man sich gut vorstellen kann.
Das Geschehen insgesamt spielt auf mehreren Handlungs- und Zeitebenen. Mal geht
es in die Vergangenheit von Frau Winter oder die ihres Geliebten. Dann wieder
erfährt man etwas über aktuell in der realen Welt agierende Schattenwesen.
Dann wieder etwas über Lenas Vergangenheit und jetziges Erleben. Dabei verwebt
Roberts in gewohnter Manier die Handlungsfäden zu einer dichten Atmosphäre,
die mich wieder einmal dazu gebracht hat, das Buch nicht wegzulegen und später
weiterzulesen.
Fazit
Obwohl sich die Geschichte rein vom Tempo her bis fast zum Schluss gänzlich
unaufgeregt entwickelt und die eine oder andere Länge beinhaltet, wollte ich
wissen, wie es weitergeht. Trotzdem ich nicht wirklich mit den Figuren mitlitt
oder -fieberte, waren sie mir nicht völlig egal. Und obschon ich nicht wirklich
tief in das Geschehen eintauchen konnte, steckte ich doch definitiv darin fest.
Der Auftaktroman lässt mich offen gestanden mit einem sehr zwiespältigen
Gefühl zurück. Doch da ich andere Romane der Autorin kenne und die Geschichte
eindeutig Entwicklungspotenzial hat, werde ich mir auf alle Fälle auch den
zweiten Band des Fantasyzweiteilers holen.
Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 24. April 2013 2013-04-24 11:26:54