Wellington Thornhill Books ist mit seinem zurückhaltenden Charakter der
geeignete Mann um als Archivar des Ministeriums für eigenartige Vorkommnisse,
seiner Majestät Königin Viktoria zu arbeiten. Aber irgendwie sitzt er in der
Klemme und benötigt dringend Hilfe. Diese Klemme ist ein Gefängnis in Arktis.
Er kann es nicht glauben, dass man ihm zur Rettung aus der Gefangenschaft
ausgerechnet eine Frau schickt. Die Agentin Eliza D. Braun ist in seinen Augen
gar keine Frau. Denn ist es nicht so, wie in allen guten Romanen, dass der Mann
die Frau rettet und hier ist es umgekehrt? Gab es seit seiner Gefangennahme etwa
einen Rollentausch? Und dann trägt die Frau keine Kleider, sondern mit Vorliebe
Hosen und ein kugelsicheres Korsett. Was der gute Mann nicht weiss ist, Eliza
Braun wurde ausgesandt, ihm eine kostenlose Beförderung vom Leben zum Tode zu
garantieren. Als sie ihn das erste Mal sieht, ändert sie ihren Auftrag
eigenmächtig ab. Ihre Vorliebe für Schusswaffen und Dynamit sorgt dafür, dass
ihr es genau mit viel Dynamit gelingt, Welly, wie sie ihn respektlos nennt, zu
befreien. Eine sichere Heimfahrt nach England ist die Belohnung für Books.
Für die Missachtung des Befehls wird die aktive Agentin in den Innendienst
versetzt. Ausgerechnet in das Archiv, in dem Wellington Books sein Refugium hat.
Hier kann er ungehindert sein Talent als ausgezeichneter Tüftler und
technisches Genie unter Beweis stellen. Dabei erfindet er Maschinen und
Hilfsmittel, die ihm von Nutzen sein können. Niemand, der ihn stört, bis
jetzt. Wellington Books kann es nicht fassen, Eliza Braun als neue Kollegin zu
sehen. Eliza ist nicht die Sekretärin für Büroarbeit und hat überhaupt keine
Lust, auf den Schreibtischjob. Frau Braun lässt es ein wenig an Manieren fehlen
und ist auch sonst nicht auf den Kopf oder den Mund gefallen. So ordnet er sie
ab in das Archiv, in dem die vergessenen Fälle ihren Dornröschenschlaf halten.
Ein Fehler, wie Wellington bald feststellt. Eilza findet die Akte mit dem Fall
ihres letzten Partners. Darin geht es um blutleere Leichen und anderes mehr. Der
Fall bekam ihm nicht sonderlich gut und verbringt nun seine Zeit in der
Nervenheilanstalt. Mit der Akte in den Händen geht sie den Hinweisen nach und
beginnt zu ermitteln. Wellington Books gefällt das zuerst gar nicht, stellt
sich dann seiner neuen Partnerin zur Seite. Ihre Ermittlung wird gar nicht gern
gesehen und schon stehen sie ungewollt im Mittelpunkt sich überschlagender
Ereignisse. Ein unheimlicher Geheimbund namens Phönix möchte die beiden lieber
heute als morgen als Hauptdarsteller ihrer eigenen Beerdigungen sehen. Zu diesem
Zweck wird eine Profikillerin engagiert. Strafpredigten hält inzwischen der
Direktor der Abteilung.
Fazit
Ein Buch fällt erst einmal durch das Titelbild auf, dass wieder einmal London
und dem Sub-Genre gerecht werdend, Zahnräder abbildet. Dazu das Paar in
viktorianisch anmutender Kleidung und die warmen Brauntöne des ganzen Umschlags
sorgen für ein gut gelungenes und gestaltetes Titelbild.
Books & Braun - Das Zeichen des Phönix erscheint als eine Mischung zwischen
Kriminalroman und Agententhriller im alten viktorianischen Zeitalter. Gleich zu
Beginn reisst es den Leser, actiongeladenen Hollywoodstreifen gleich, mitten ins
Geschehen. Eliza Brauns waghalsiges Rettungsmanöver könnte ihr Kopf und Kragen
kosten. Sie ist eindeutig die Frau fürs Grobe, während der feinfühlige und
feinsinnige Gentleman Wellington Books für die Kopfarbeit und
Fingerfertigkeiten zuständig ist. Die Charaktere fallen gleich durch ihre
Unterschiedlichkeit auf. Die Autoren Philippa Ballantine und Tee Morris
erschufen mit Wellington und Eliza ein sich ergänzendes Duo. Dort, wo sich
Unterschiede finden, ist es die Schnittstelle, an der die beiden perfekt
zusammenpassen. Die Dialoge sorgen gleichsam zur Unterhaltung wie auch der
Fortführung der Handlung bei.
Eliza Braun ist eine absolut starke Persönlichkeit, die das Abenteuer liebt
und ohne viel Nachdenken gerne kopf- und planlos vorprescht. Die Kolonistin aus
Neuseeland, muss sich unter ihren vorwiegend männlichen Kollegen behaupten. Ihr
eiserner Durchsetzungswille ist ihr dabei sehr behilflich.
Wellington Books ist das genaue Gegenteil. Sein Ein und Alles ist das Archiv,
für das es eine eigene Archivmaschine gibt. Die Sicherheit seines Archivs
verlässt er nun selten, da er in der bösen fremden Welt da draussen nicht
zurechtkommt. Warum sonst hätte man ihn aus Arktis retten sollen? Teamarbeit
ist für ihn ein Fremdwort. Aber er bemüht sich, wenn er mit Eliza unterwegs
ist.
Ein Muss für alle Steampunk-Fans! Das kann ich getrost unterschreiben. Denn
die Geschichte ist nicht nur Abenteuer und Krimi, sondern auch Steampunk und das
nicht nur mit Steampunk-Elementen. Zudem bietet das Buch Anspielungen auf die
Differnzmaschine des Lord Babbage, siehe auch William Gibson und Bruce Sterling,
auf die Nautillus, siehe dazu Jules Verne, zu... Ach was, sucht euch die
Anspielungen doch selbst. Sie sind mal offensichtlich, dann wieder eher
versteckt. Das Buch ist spannend, humorvoll und actionreich. Den Autoren ein
grandioses Debüt in der Steampunk-Szene gelungen. Die Steampunkwelt eines
viktorianischen Zeitalters dürfte die Fans des Genres mehr als nur
zufriedenstellen. Vor allem gibt es neben der abgeschlossenen Handlung viele
lose Enden, die eine Weiterführung garantieren.
Vorgeschlagen von erik schreiber
[Profil]
veröffentlicht am 28. März 2013 2013-03-28 17:06:33