Ich habe mich zum Verfassen dieser Rezension entschlossen, da ich die
begeisterten Rezensionen zu Band 3 der Harry-Potter-Reihe nicht teile.
Harry Potter, der hier seinem Paten, Sirius Black, erstmals begegnet erfährt
hier Neuigkeiten über seinen Vater. Erstmals wird deutlich gemacht, warum Snape
Harry hasst. Dies ist aber auch die einzige weiterführende Information
gegenüber den ersten beiden Bänden.
Die Geschichte wird insgesamt unübersichtlicher und düstererer im Vergleich zu
den beiden Vorgängerbänden. Zwar wird eine sehr sympathische Figur, Lupin, die
Lieblingsfigur der Autorin, eingeführt. Der neue Professor zur Verteidigung
gegen die Schwarzen Künste ist lebensecht gezeichnet. Nun ist der Band
zweifellos spannend geschrieben - aber er ist eindeutig zu spektakulär.
Besonders störend ist - wie es Michael Maar in seinem Buch: "
Warum Nabokov Harry Potter gemocht
hätte" meines Erachtens völlig zu recht bemerkt - die Benutzung der
Zeitumkehr. Nun ist dieses Motiv in der Fantasyliteratur anzutreffen (vgl. etwa
Bände von M. Weis und T. Hickman). Hier wird es benutzt, um die Hinrichtung
eines Hypogreifs, eines pferdeähnlichen Wesens, rückgängig zu machen. Doch
genau dies wirkt sehr konstruiert. Ich hatte das Gefühl, die Autorin hat hier
einen Schritt - die aus Spannungsgründen geschilderte Hinrichtung des Tieres -
bedauert und durch einen "literarischen Trick" rückgängig gemacht.
Außerdem ist verwunderlich, dass insbesondere Harrys Gegenspieler in Hogwarts,
Professor Snape, niemals von der Möglichkeit der Zeitumkehr gehört haben soll.
Mit diesem Mittel ist dann - für spätere Bände - viel zu viel
"begründbar" : so könnte die Autorin auch den Tod von Harrys Eltern
"rückgängig" machen. Und dies darf nicht sein, wenn die Reihe
insgesamt glaubwürdig bleiben soll.
Außerdem erhebt sich folgende Frage: wenn Snape Harry Potter dermaßen hasst
(und dieser Hass steigert sich ja von Band zu Band), warum hat er dann Harry in
Band 1 das Leben gerettet? Oder ist die diesbezügliche Erklärung Professor
Quirrels in Band 1 unwahr? Um der Glaubwürdigkeit der - an sich gut
gezeichneten und in ihrer Charakterdarstellung her vielschichtigen Figuren - zu
erhalten, müsste eine glaubhaftere Erklärung für Snapes Hass gegen Harry
gefunden werden. Dies bleibt in Band 3, wie auch den beiden nachfolgenden
Bänden, offen.
Außerdem erscheint mir die Geschichte um Rons Ratte Krätze, die sich
plötzlich als verwandelter Mensch und Verräter Peter Pettigrew entpuppt, sehr
weit hergeholt. Entpuppt sich am Ende etwa auch Harrys Eule Hedwig als eine noch
unbekannte Figur aus Rowlings Werken? Diese zwei Beispiele seien als
Illustration für die zugegebermaßen recht harte Kritik am Plot an dieser
Stelle erlaubt. Meines Erachtens wird die Logik der Handlung in diesem Band zu
stark strapaziert, um spektakuläre, auf vordergründige "Action"
ausgelegte Spannung zu erzeugen und einen - zugegebenermaßen ausgefeilten -
Höhepunkt am Schluss - die Rückgängigmachung der Hinrichtung Seidenschnabels
und die spektakuläre Flucht Pettigrews und Sirius Blacks - zu ermöglichen. Im
übrigen muss ich mich nach der Lektüre von Band 4 und 5 natürlich fragen,
wozu Sirius Black in die Handlung überhaupt eingeführt worden ist. Eine
bedeutende Rolle, die in diesem Band anzuklingen scheint, spielt er in den
späteren Bänden 4 und 5 jedenfalls nicht.