Augenblicke des Verderbens.
Ein schwüler, hitzeflirrender Sommer hüllt Wien ein. Die Menschen sind nach
einer langen, schier endlosen Periode des schlechten Wetters und der Kälte von
wiedererwachter, glücklicher Leichtigkeit und geniessen die Stunden in den
Straßencafés und Lokalen entlang des Donaukanals, und das
geschwätzig-fröhliche Beisammensein verleiht der alt-ehrwürdigen Metropole
Unbeschwertheit und Sorglosigkeit. Aber das sollte später nicht in der
Erinnerung der Menschen bleiben, sondern die brutalen Morde, die ein eiskalter
Serientäter in diesem Sommer an mehreren jungen Frauen verübt, die er mit
makaberer Gesetzmäßigkeit an jedem zweiten Samstag auf grausamste Weise
hinrichtet. Die Angst geht jetzt um, lähmt die Menschen, macht sie furchtsam
wie ein böser Albtraum und hilflos im Angesicht der drohenden Gefahr.
Für Major Belonoz, den eigenbrötlerischen, extravaganten Chef der Wiener
Mordkommission und sein eingespieltes Team beginnt ein Wettlauf gegen die Zeit -
aber wo soll er beginnen, bei wem mit Nachforschungen anfangen, wenn die
einzigen Hinweise ergeben, dass keinerlei Beziehung zwischen den Opfern
bestanden hat außer der Tatsache, dass sie allein lebten und junge, attraktive
Frauen waren? Dass man ihm die relativ unerfahrene Staatsanwältin Dr. Lily Horn
als Hilfe zuteilt, verbessert die Laune des Majors nicht wesentlich, da er ihre
Kompetenz für diesen Fall in Zweifel stellt.
Lily Horn jedoch, die gerade aus persönlichen Gründen New York verlassen hat
und nach Wien zurückgekehrt ist, geht mit viel Engagement und
Durchsetzungswillen an das Projekt heran, entschlossen, sich weder von
machtbesessenen Politikern und sensationslüsternen Medien noch von den Zweifeln
mitarbeitender Kollegen aufhalten zu lassen. Und diese Einstellung wird sie
brauchen, wenn sie der grausigen Mordserie ein Ende bereiten will und dafür
Spuren verfolgen muss, deren Ziel sie in ihren dunkelsten Vorahnungen nicht
erwartet hätte.
Christian Davids Debütroman ist ein Volltreffer. Mit wunderbar ausgeschöpftem
Sprachreichtum nimmt er den Leser mit in ein Wien, dem er eine sehr
facettenreiche Ausstrahlung zubilligt. Man spürt die Hitze des Sommers entlang
des Donaukanals ebenso wie die Bedrohung des Geschehens im Umfeld der Opfer.
Seine Protagonisten sind ausnahmslos authentisch und interessant. Detailgetreu
und überzeugend geschildert, wurden sie auf Positionen gestellt, die absolut
nachvollziehbar sind.
Der Spannungsbogen baut sich langsam auf, steigert sich im Verlauf des Buches
und endet in einem unvorhersehbaren Höhepunkt. Ohne jeglichen Anflug von
reißerischen Krimi - Effekten wirkt alles absolut professionell und doch von
flüssig entwickelter Selbstverständlichkeit. Ich habe mich in allen Belangen
wunderbar unterhalten gefühlt und wäre sehr glücklich darüber, öfter auf
solche schriftstellerische Qualität zu treffen. Fazit sind natürlich alle
Sterne die hier zu vergeben sind.
Fazit
Christian Davids Kriminalroman ist ein wunderbares Debut mit interessanten,
eindrucksvollen Akteuren, intelligent angelegtem Spannungsbogen und furiosem,
unvorhersehbarem Schlussakkord. Genial.
Vorgeschlagen von brillenbaby
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veröffentlicht am 16. März 2013 2013-03-16 17:14:45