Vor mittlerweile etlichen Jahren gerieten meine etwas ältere Schwester und ich
in Streit. Der Grund dafür war, dass ich - wie so oft - mit ihren beiden
Kindern durch Wald und Wiesen gestreift war und auf diesem Streifzug unter
anderem Bucheckern gesammelt und einen Teil davon auch gegessen hatten. Die
können bei übermäßigem Verkehr Beschwerden verursachen, doch soweit war es
damals nicht gekommen. Meine Schwester fiel nur aus allen Wolken, weil ich ihren
Kindern so einen Unsinn (Unkrautessen, etc.) beibrachte und ich, weil meine
Schwester ganz offensichtlich vergessen hatte, wie herrlich Sauerampfer und
Konsorten schmecken können und wir selbst als Kinder durchaus regelmäßig beim
Spielen so etwas nicht nur regelmäßig in den Mund nahmen, sondern auch
schluckten. Während sie sich den wilden Köstlichkeiten der Natur nach wie vor
überaus vehement verweigert, esse ich Wildpflanzen heute noch sehr gerne.
Dass diese Erinnerung in mir aufgestiegen ist, liegt an dem Anfang des Jahres
erschienen Buch Meine liebsten Wildpflanzen rohköstlich - sicher erkennen,
vegan genießen von Dr. Christine Volm. Darin geht es, wie der Titel schon
verrät, nicht unbedingt um das, was in unseren Gärten wächst, obwohl so
einiges natürlich auch darin vorkommt. Doch während meine Schwester in ihrem
Garten fleißig Unkraut jätet und fluchend entsorgt, landet, was in unserem
wild wächst, meist in der Küche. Künftig wird es sicher abwechslungsreicher
nicht nur als Salat oder gekocht gegessen werden. Denn Volms Buch beweist, dass
Rohkost nicht gleich Rohkost ist, dass nicht immer alles nur schnell klein
geschnibbelt verzehrt werden muss, sondern schmackhafte, kulinarisch-
anspruchsvolle Menükreationen dabei herauskommen können.
Aus der Feder der Autorin stammt auch das ebenfalls von Ulmer herausgegebene
Buch Rohköstlich. Bereits dieses war eine gelungene Kombination von
Rohkostratgeber, Wildkräuterkunde und 70 einfach nachzuarbeitenden Rezepten. In
ihrem zweiten Buch Meine liebsten Wildpflanzen rohköstlich informiert die
Autorin und Ernährungsberaterin zunächst grundsätzlich darüber, welche
Wildpflanzen man essen kann und wo man sie am besten sammelt. Aber auch wie
Wildpflanzen schmecken, wie man sie nachhaltig ernten und in welcher Dosierung
man sie gefahrlos verwenden kann; was man über ihre Inhaltsstoffe und deren
Wirkweise wissen muss.
Denn, obwohl die wenigsten Pflanzen wirklich gefährlich giftig sind, muss man
bei manchen nicht nur berücksichtigen, welche Pflanzenteile man verzehrt,
sondern auch auf die Dosierung achten. Nicht nur, weil man vielleicht gerade
erst beginnt, die Wildpflanzen in die tägliche Ernährung zu integrieren oder
eventuell vom einen oder anderen Zipperlein geplagt wird. Sofern allerdings
Letzteres der Fall ist, kann man die Wildpflanzenküche auch hervorragend
präventiv oder kurativ für die Gesundheit nutzen. Volm selbst beispielsweise
reagierte früher auf Birkenpollen allergisch und wurde von Heuschnupfen
geplagt. Nach der Umstellung auf Rohkost mit Wildpflanzen besteht dieses Problem
zwischenzeitlich nicht mehr.
Direkt bei den über 40 vorgestellten Wildpflanzen (die liebsten Arten der
Autorin), die im Anschluss an die allgemeine Einführung folgen, finden sich
auch appetitliche Rohkost-Rezepte. Wer jetzt allerdings denkt, dass man zum
Nachmachen der Rezepte einfach hinausgehen und ernten kann, täuscht sich. Es
braucht bei manchem Rezept die eine oder andere gekaufte Zutat, um die Gerichte
essen zu können, die im Buch ansprechend vorgestellt werden. Allerdings ist es
glücklicherweise heutzutage sehr leicht an diese Zutaten heranzukommen (etwa an
Nama Tamari, eine glutenfreie Sojasoße). Im Buch finden sich übrigens
praktischerweise neben den einzelnen Rezepten auch ganze Menüvorschläge für
jahreszeitliche Genüsse.
Eine Übersicht über die vorgestellten Wildpflanzen, ein Register und Hinweise
zu weiterführender Lektüre, Internetadressen, Seminarangeboten und
Bezugsquellen für Saatgut bzw. Jungpflanzen und Rohkost-Zutaten runden das Buch
ab.
Mit den Rezepten wie überhaupt mit dem ganzen Buch richtet Volm sich nicht
ausschließlich an überzeugte Veganer oder Rohköstler. Sie spricht auf
anschaulich-informative Weise auch Neugierige wie mich oder absolute Neulinge
an, die einfach ihren Speiseplan gesund erweitern, neue Zutaten kennenlernen
oder alternative Rezepte ausprobieren wollen. Die appetitanregenden Fotos tragen
ebenfalls dazu bei.
Fazit
Eine gelungene Mischung aus lebendig aufgemachten Informationen und gut
nachvollziehbaren Anregungen. Mir hat das Durchblättern und Lesen Lust gemacht,
bald eines der Rezepte auszuprobieren. Momentan gibt es draußen zwar durchaus
Wildpflanzen zum Ernten, doch außer dem Vogelmiere-Smoothie habe ich bislang
noch nichts nachgemacht. Der jedoch war sehr lecker und macht ebenfalls Lust auf
mehr... Ich möchte Volms Meine liebsten Wildpflanzen rohköstlich die volle
Punktzahl geben. Obwohl ich persönlich nicht zu 100 Prozent von Rohkost
überzeugt bin, mich zwar fleischarm aber nicht vegan ernähre und in diversen
Rezepten allenfalls etwas im Ofen getrocknet aber nicht gekocht wird, ist das
das Buch eine überaus willkommene Bereicherung meines Kochbuchregals. Ich werde
die Anregungen darin mit Sicherheit in den kommenden Monaten sukzessive
ausprobieren und es auch meiner Schwester empfehlen J.
Copyright ©, 2013 Antje Jürgens (AJ)
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 07. März 2013 2013-03-07 08:06:48