Schon oft habe ich mich gefragt, warum China nicht wie Spanien oder Portugal als
Seefahrernation bekannt wurde. Weng Qi und Nora Frisch haben herausgefunden,
warum das so ist. Aus der Zeit des chinesischen Admirals Zheng He im 15.
Jahrhundert sind kaum schriftliche Zeugnisse erhalten. Was heute über Schiffbau
und Seefahrt jener Epoche bekannt ist, wurde nachträglich rekonstruiert. Zheng
He kam in seiner Jugend als Gefangener an den Hof des Kaisers Yongle. Sein
eigentlicher Name Ma He weist auf seine Herkunft aus einer muslimischen Familie
hin. Zheng He wurde auch Sanbao genannt, was Spekulationen anregte, er könnte
die reale Person hinter Sindbad gewesen sein. Unter Zheng Hes Kommando wurde
China zu größten Seefahrernation des Mittelalters. Was die Chinesen am Beginn
der Mingdynastie veranlasste, den Küsten entlang neue Länder zu entdecken,
vermitteln die Autoren sehr anschaulich, illustriert mit historischen Landkarten
und Portraits der vorgestellten Personen.
Für uns heute kaum vorstellbar ist die Größe chinesischer Dschunken, die mit
bis zu 9 Masten und ganz aus Holz gebaut größer waren als z. B. die HMS
Victory. Den Schiffbau mit Schotten, angeregt durch den Wuchs des Bambus,
praktizierten chinesische Schiffbauer bereits 500 Jahre bevor die Europäer auf
diese Idee kamen. Vom gesellschaftlichen Hintergrund, über die Versorgung einer
Besatzung von rund 1000 Mann bis zu den nautischen Kenntnissen jener Zeit lassen
die Autoren die Reisen des Zheng He im 15. Jahrhundert sehr lebendig werden.
Zur Zeit Yongles sah China sich als Mitte der Welt und andere Staaten als seine
Untertanen. Das chinesische Weltbild mit China als anderen überlegene Kultur im
Mittelpunkt wird heute noch eindringlich am Grundriss des alten Kaiserpalastes
in Peking deutlich. Der chinesische Kaiser schickte seinen Admiral aus, um
Handelswege wie die Straße von Malakka zu sichern, Frieden zwischen
verfeindeten Staaten zu schaffen und tributzahlende Verbündete zu finden, die
ihn als ihren Herrscher anerkannten. Heute nimmt man an, dass viele Händler den
chinesischen Kaiser nur pro forma anerkannten, um in China ungestört ihre
Geschäfte abwickeln zu können. Mit Zheng Hes Karriere endete auch die Blüte
der chinesischen Seefahrt. Ein Brand im Kaiserpalast wurde als Hinweis auf den
Zorn des Himmels über die verschwenderisch ausgestatteten Schiffe des
kaiserlichen Admirals gedeutet.
Die Benutzung des hochwertig gefertigten Buchs wird durch ein Glossar in
deutsch, chinesisch und Pinyin-Umschrift erleichtert.
Fazit
Für die Zielgruppe historisch interessierter Sachbuchleser ab 12 Jahren finde
ich das Buch in Sprache und Bild-Text-Verhältnis sehr gelungen. So lebendig
lasse ich mir Geschichte gern erklären.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 14. Februar 2013 2013-02-14 11:01:14