Der Dalai Lama schätzt Rajinder Singhs Beitrag zum angestrebten Ziel des
Friedens, wie man auf der Rückseite des Buches lesen kann. Eine Bekannte fragte
nach einer kleinen Stöberaktion in meinem SuB, was denn Meditation mit Frieden
zu tun haben könnte. Schließlich sei Meditation zur inneren Zentrierung auch
Trainingsbestandteil diverser asiatischer Kampfsportarten und diene dem Sammeln
von Kräften, die wiederum nicht immer und allzeit friedlich gegen andere
eingesetzt werden könnten.
Das stimmt natürlich. Doch dem setze ich persönlich entgegen, dass viele Dinge
und Praktiken auf völlig gegensätzliche Weise genutzt werden können.
Abgesehen davon, dass mir zum Zeitpunkt des Gespräches nicht bekannt war, ob
der Dalai Lama die eben zitierte Aussage im Bezug auf Singhs Organisation der
Wissenschaft, seinem Vorsitz bei der Konferenz zur Einheit der Menschen oder als
Präsident der Weltreligionskonferenz (um nur einige seiner Tätigkeitsfelder zu
nennen) machte oder sich dabei eher auf diverse Auszeichnungen oder auf Singhs
Vortragsreisen oder die in über 50 Sprachen übersetzte Bücher und Artikel zu
spirituellen Themen bezog, dachte und denke ich, dass Meditation sehr viel mit
Frieden zu tun haben kann. Und zwar nicht nur mit dem inneren Frieden, den man
erfreulicherweise mit etwas Zeitaufwand und Übung schnell erreichen kann. Durch
Meditation erreichen wir unter anderem Klarheit, Glück und Freude. Wer jedoch
all dies (fortgesetzt) erlebt, wird nach außen hin gar kein Verlangen haben zu
intrigieren und negative Gefühle verbreiten. Wer mit sich selbst im Reinen ist,
braucht sich nicht permanent zu beweisen. Wer sich nicht permanent zu beweisen
versucht, gerät seltener in Konflikt mit anderen. Und die Vermeidung von
Konflikten wiederum dient dem allgemeinen Frieden.
Doch abgesehen davon geht es ja im Buch, wie der Titel verrät, um die heilende
Kraft der Meditation. Wir leben in einer Gesellschaft, in der Anerkennung durch
materiellen Erfolg definiert wird. Dies wiederum wird fälschlicherweise allzu
oft mit Glück gleichgesetzt. Weil wir wirkliches Glück so jedoch nicht finden,
streben wir nach immer mehr und mehr und vergessen allzu leicht, was wirklich
wichtig ist. Negativer Stress, entstanden aus der Angst zu versagen und dadurch
resultierendem permanentem Leistungsdruck, bestimmt unseren Alltag, raubt vielen
den Schlaf und die Gesundheit. Ein Teufelskreis, denn genau das verursacht
wiederum neuen Druck, weil man dann vielleicht tatsächlich nicht mehr mithalten
kann. Das Streben nach mehr und das eigene vermeintliche Versagen wiederum
führt zu Neid und teilweise Missgunst und worauf dies bisweilen hinauslaufen
kann, offenbart uns ein einfacher Blick in die Welt.
Innehalten tut not. Etwa mit Meditation. Obwohl Meditationen allein natürlich
noch keine Probleme lösen können, helfen sie beim Finden von Problemlösungen.
Beispielsweise durch das Erkennen neuer Perspektiven. Religionsübergreifend und
auf unterschiedliche Art in aktiver oder passiver Form ausgeübt, dienen sie der
spirituellen Entwicklung, geistig der aktiven Aufmerksamkeitssteuerung und dem
passiven Loslassen.
Die Suche nach der richtigen Meditationsform dauert vielleicht etwas. Aber sie
lohnt sich. Denn während Meditation noch vor wenigen Jahren von vielen als
esoterische Spinnerei abgetan wurde, weiß man heute um die neurologische
Messbarkeit ihrer Wirkung und die positiven Effekte auf Herzschlag, Atmung und
Entspannung. Und das ist längst noch nicht alles. Längst hat sie im
Zusammenspiel mit schulmedizinischen Therapien Einzug in das Leben vieler
gehalten. Dabei muss man keineswegs erst mal krank geworden sein, um Meditation
für sich zu entdecken, denn tatsächlich wirkt sie auch präventiv. Von den
positiven Auswirkungen auf unsere Konzentrationsfähigkeit, unser logisches
Denken und die innere Ruhe ganz abgesehen.
Singhs Praxisbuch Heilende Meditation bietet allen Suchenden eine gute
Hilfestellung, geht er doch auf explizit-anschauliche Weise auf Bedeutung und
Umsetzung einer ebenso altbewährten wie einfachen Meditationsform ein. Doch mit
den darin enthaltenen wissenswerten Informationen und philosophischen
Denkanstößen ist es auch für all diejenigen empfehlenswert, die ihre
Meditationsform schon gefunden haben oder einfach neugierig sind. Der Autor
schreibt die heilende Wirkung der Meditation dem Umstand zu, dass jedem von uns
Heilkraft innewohnt, dass wir alle mit einem energetischen Licht- und Klangstrom
in Verbindung stehen. Durch Meditation gelangen wir bewusst in Kontakt mit
dieser Energie und können von ihr profitieren. Daran mag man glauben oder
nicht, doch was schadet sozusagen ein Selbstversuch?
Und schon komme ich wieder auf den Frieden. Das liegt auch daran, dass das Buch
zwischen dem Vorwort des Dalai Lamas und dem Schlusskapitel über den Autor in
drei Teile, mit neun bzw. sechs und vier Unterkapiteln, gegliedert ist: innerer
Friede, persönliche Transformation, äußerer Friede. Frieden in der Welt
beginnt nicht mit einer Entmilitarisierung, er beginnt bei uns. In uns. Mit der
inneren Heilung, der Selbst-Heilung, mit unserem inneren Frieden. Es nützt ja
auf Dauer auch nichts, nur Schüssel und Töpfe unter ein leckes Dach zu
stellen, wenn niemand die Löcher darin abdichtet. Die ab Seite 31 von Singh
beschriebenen Übungen sind leicht nachvollziehbar formuliert und lassen sich
auf einfache Art und Weise in den Alltag integrieren. Schnell wird klar, der
Autor weiß, wovon er spricht. Der 1946 in Indien geborene Computer- und
Kommunikationswissenschaftler begeistert seit Jahren weltweit die Besucher
seiner Seminare und Leser seiner Bücher und hat an der Errichtung zahlreicher
Meditationszentren mitgewirkt. Sein gesammeltes Wissen präsentiert er nicht auf
eine mystisch-verklärte Weise, sondern auf moderne, ansprechende Art.
Fazit
Heilende Meditation in die Hand nehmen, lesen, nachdenken, ausprobieren. Selbst
dann, wenn man nur die Entspannung aus der Meditation für sich verbuchen kann,
lohnt sich der gerade erwähnte Selbstversuch. Ich möchte dem Buch die volle
Punktzahl geben und werde es sicherlich noch öfter zur Hand nehmen.
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 11. Februar 2013 2013-02-11 17:56:06