Was ist die Bush-Doktrin? Welche Auswirkungen hat sie auf das Völkerrecht? Was
sind die sogenannten "Neokonservativen" und welchen Einfluss haben sie
auf die Politik der amerikanischen Administration unter Bush? Welche Interessen
haben die USA in Nahost? Wird es zu einer Pax Americana kommen?
All diese Fragen beantwortet diese interessante Studie, die in hervorragender
Weise in die Prinzipien der Bush-Doktrin einführt. Diese sind:
-"präemtive" Militärschläge sind schon gegen heraufziehende, nicht
erst gegen unmittelbar drohende Gefahren möglich, wobei nach Auffassung des
Autors der Begriff "Praeemtion" missbraucht und in Wahrheit
"Prävention" praktiziert wird
-Bekämpfung gegen Terroristen, besonders jene, die Massenvernichtungswaffen
besitzen und die Sicherheit der USA bedrohen
-Ausbau der militärischen Übermacht gegen jeden Konkurrenten
-unilaterales, notfalls militärisches Vorgehen, wenn interne Organisationen ein
solches Vorgehen nicht billigen.
Kreutzer bezeichnet die US-Politik unter Bush als "unverhüllten
Unilateralismus", der sich nicht scheue, gegen internationales Völkerrecht
zu verstoßen. Der Einmarsch in den Irak sei nicht völkerrechtlich zu
rechtfertigen gewesen. Daher habe die USA auch gegen den Willen der UNO und ohne
ein Mandat des Sicherheitsrates diesen Krieg geführt.
Die regierenden Neokonservativen in der Regierung Bush unterscheidet er in jene
"Strukturalisten" wie Wolfowitz und Perle, die - um den Terrorismus
wirksam zu bekämpfen, die Demokratisierung der Staaten vorantreiben wollten,
nachdem es zu einem Regimewechsel gekommen sei und den - mittlerweile
tonangebenden - Interventionalisten um Vizepräsident Cheney und
Verteidigugnsminister Rumsfield, denen es lediglich um amerikanische
Interessendurchsetzung und nicht primär um Demokratisierung der dortigen
Staaten geht. Klaus Schwabe nennt diese Richtung "assertive
nationalists."
Kurz - im Gegensatz zu den Darstellungen von Schwabe oder jetzt Fukuyama - wird
auf die verschiedenen Politikansätze eingegangen, die die Politik der USA in
diesem Jahrhundert bestimmt haben. Dies seien liberaler bzw. multilateraler
Internationalismus, nationalistischer Unilateralismus und konservativer bzw.
traditioneller hegemonialer Internationalismus gewesen. Hier hätte ich mir
genauere Erklärungen dieser verschiedenen Denkansätze, eine Benennung ihrer
Vertreter und ihre wechselseitige Beeinflussung gewünscht. Sind Cheney und
Rumsfeld nun nationalistische Unilateralisten oder hegemniale
Internationalisten? Mir wurde dies bei der Lektüre nicht verständlich.
Stärker hätte ich mir auch eine Begründung gewünscht, warum es aus Sicht des
Autors nicht zu einer Pax Americana kommen kann, nachdem er ausschließt, dass
die USA ein "gutmütiger Hegemon" sei. Denn nachdem sich der Autor in
den ersten Kapiteln lang und breit über die Ausweitung der amerikanischen Macht
ausgelassen hat, die es unwahrscheinlich machten, dass Weltpolitik gegen den
Willen der USA durchgeführt werden könnten, die sogar mit dem Imperium des
alten Rom verglichen werden könne, so schließt er auf den letzten Seiten -
auch aus Gründen der amerikanischen Mentalität - eine "weltweit von den
Vereinigten Staaten durchgesetzte Herrschafts- und Friedensordnung" aus.
Mit einer Abkehr von ihren eigenen politischen und kulturellen Traditionen
wären die Vereinigten Staaten nicht mehr das, was sie bislang waren. Dies ist
sicherlich nicht falsch, aber welche Entwicklung zwischen "benin
Hegemon" und "Pax Americana" stellt sich der Autor dann vor? Dies
wird auf der letzten Seite der 162-seitigen Darstellung nur kurz angerissen,
nicht aber befriedigend erklärt.
Ansonsten muss ich sagen: eine gute und interessante Darstellung der
Bush-Doktrin und ihrer Stellung zum Völkerrecht. Der Autor bilanziert, die
Bush-Doktrin sei mit dem Völkerrecht nicht vereinbar. Dies wird ausführlich
und plausibel begründet.
Da auch auf die Grundlagen des Völkerrechtes, die Lehre vom gerechten Krieg um
Grotius eingegangen wird, ergibt sich auch eine erste Einführung in wichtige,
bis heute gültige, Prinzipien des Völkerrechts.
Fazit
Daher kann ich nur sagen: eine hervorragende Darstellung, die seinesgleichen
sucht. Daher vergebe ich die volle Punktzahl.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 26. September 2006 2006-09-26 16:36:38