Bereits vor mehreren Monaten habe ich den Debütroman von Cally Taylor Heiter
bis himmlisch gelesen, der bei Goldmann erschienen ist. Über Weihnachten habe
ich ihn mir jetzt ein zweites Mal vorgenommen, weil mir der Schluss beim ersten
Lesen so gut gefallen hat. Wie auch in ihrem zweiten Buch geht die im englischen
Worcester geborene und mit Freund und Sohn in Bristol lebende Autorin Cally
Taylor das Thema Leben nach dem Tod / Engel an. Allerdings lässt sie dabei
keine mehr oder weniger übernatürliche Frauen himmlische und vollkommene, gute
oder böse geflügelte Wesen anschmachten, wie es seit einigen Monaten am
Büchermarkt zuhauf geschieht, sondern hebt sich angenehm davon ab. Ganz neu ist
ihre Grundidee dabei natürlich andererseits auch nicht. Aber schließlich kommt
es auf die Umsetzung an.
Da ihr Vater als Soldat in Deutschland stationiert war, erlebte Taylor ihre
Kindheit ebenfalls dort. Später ging sie nach England zurück. Die Autorin
studierte Psychologie in Newcastle und war in verschiedenen Bereichen, als
Obstpflückerin bis hin zur Grafikdesignerin tätig. Ihre Liebe zum Lesen wurde
durch Blyton-Romane geweckt. Auch die zum Schreiben scheint früh erwacht zu
sein, denn bereits mit acht Jahren wollte sie Autorin werden. Beides hat sich
bis heute gehalten, obwohl Taylor damals auch ihre erste Absage seitens eines
Verlages erhielt. Diese Informationen findet man unter anderem auf ihrer
Homepage oder der Verlagsseite, weshalb ich mich jetzt lieber ihrem Buch
zuwenden möchte, das gerade vor mir liegt. Nachdem bereits Taylors
Kurzgeschichten mit mehreren Auszeichnungen bedacht wurden, erhielt sie auch
für Heiter bis himmlisch und ihren zweiten Roman (Home for christmas - deutsche
Übersetzung Himmlische Küsse, ebenfalls bei Goldmann erschienen) diverse
Preise. Beide Romane wurden zudem bereits kurz nach Erscheinen in mehrere
Sprachen übersetzt.
Das gemalte Motiv des hellblauen Einbands von Heiter bis himmlisch deutet an,
dass es sich um eine unterhaltsam-romantische Komödie für Frauen handelt. Es
zeigt eine junge Frau, die, einen scheinbar aus Draht geformten Heiligenschein
über ihren Kopf haltend, gemeinsam mit einem weißen Täubchen auf einer Wolke
sitzt, während im Hintergrund weitere Wolken und ein Vogel vorbeiziehen. Der
englische Originaltitel Heaven can wait lässt, genau wie die Inhaltsangabe,
schon erahnen, dass allerdings auch der Tod eine größere Rolle darin
spielt.
Taylors Schreibstil wirkt frisch, liest sich angenehm leicht und größtenteils
flüssig. An einigen Stellen gibt es kleinere Längen, die jedoch nicht wirklich
ins Gewicht fallen und zudem durchweg von lustigen Passagen abgelöst werden.
Die gerade verstorbene Lucy offenbart sich wie bereits erwähnt ein wenig anders
als die momentan häufiger in Büchern anzutreffenden himmlischen Gestalten.
Doch es gibt auch traurige Szenen, die berühren. Und zwar nicht etwa nur weil
Lucys Leben abrupt endet.
Das passiert unmittelbar vor ihrer Hochzeit mit ihrem Traummann Dan und ist
etwas, womit sie gar nicht klarkommt. Lucy landet in einer Art Zwischenwelt.
Dort wird ihr angeboten, gleich in den Himmel aufzufahren, dort ihre bereits
verstorbenen Eltern wiederzusehen und irgendwann nach dessen Tod auch ihren
Verlobten Dan. Alternativ dazu kann sie auch zurück auf die Erde. Wenn sie es
bewerkstelligt, innerhalb von 21 Tagen eine Freundin für Archie zu finden, darf
sie quasi als Geist bei Dan bleiben. Ihre Sehnsucht nach Dan ist so groß, dass
sie sich für die Alternative entscheidet. Die damit verbundene Aufgabe ist
indes eigentlich schon deshalb unlösbar, weil Archie nicht gerade ein Traumtyp,
sondern ein Außenseiter mit Langweiler- und Streber-Tendenz ist. Erschwert wird
das Ganze noch dadurch, dass Lucy in diesen 21 Tagen immer wieder Dans Nähe
sucht und dabei feststellen muss, dass ihre ehemals beste Freundin sich an ihn
heranmacht.
Die Autorin lässt ihre liebevoll chaotisch gezeichnete Hauptfigur Lucy selbst
erzählen. Diese darf in den 21 Tagen ihrer Aufgabe sozusagen untot unter den
Menschen weilen. Zumindest unter denen, die sie nicht kennen. Dan oder ihre in
ihren Augen verräterische Freundin, ihre Freunde, Bekannten oder Verwandten
verstehen oder erkennen sie dagegen nicht. Man erlebt sie stur, dickköpfig,
tollpatschig und ebenso verzweifelt wie warmherzig. Durch sie lernen Taylors
LeserInnen auch die anderen Figuren näher kennen. Sei es Archie oder Claire und
Brian, die ebenfalls eine Aufgabe erfüllen sollen und ebenso daran zu
verzweifeln drohen wie Lucy selbst. Jede Figur ist anders gezeichnet.
Das eine oder andere Klischee bleibt bei der Ausarbeitung dieser Charaktere
nicht aus, doch das stört nicht weiter, da sie gleichzeitig lebensnah
authentisch gestaltet sind. Taylor stellt sowohl Lucys als auch Dans Trauer und
auch die diversen Probleme aller Figuren einfühlsam berührend dar und lässt
gleichzeitig Lucy ihre eigentliche Aufgabe eher oberflächlich angehen. Dieser
Gegensatz könnte störend oder gezwungen wirken, tut es aber nicht. Insgesamt
geht es um Liebe und Freundschaft, um daraus entstehende Komplikationen und
Entwicklungen. Die Charaktere entfalten sich teils auf witzige Weise, ohne dass
sie übertrieben komisch agieren. Während dem Erzählstrang um Archie eine
gewisse Vorhersehbarkeit innewohnt, strebt die restliche Handlung um Lucy einem
(für mich) völlig überraschenden, gleichermaßen traurig-heftigen wie
hoffnungsfrohen Schluss zu.
Fazit
Unterhaltsam amüsant sorgt die Geschichte öfter für erhobene Mundwinkel und
Lachanfälle. Gleichzeitig ist sie überraschend berührend und traurig, ohne
melodramatisch zu wirken. Man kann schnell in das Geschehen eintauchen. Allzu
tief geht dieses trotz der darin enthaltenen Todesfälle zugegebenermaßen
nicht. Aber das habe ich einerseits im Vorfeld ohnehin angesichts von Cover und
Titel nicht erwartet. Andererseits macht das ausgewogene Verhältnis zwischen
lustigen und traurigen Passagen aus Heiter bis himmlisch aber ein gelungenes
Debüt, das stellenweise durchaus zum Nachdenken anregt. Es hat bei mir auch
beim zweiten Lesen Lust auf mehr geweckt, weshalb ich mir gestern Taylors
zweiten Roman geholt habe.
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 21. Januar 2013 2013-01-21 18:32:06