Bereits 2008 kam der Debütroman des 1961 geborenen Schauspielers,
Synchronsprechers, Drehbuch- und Romanautors auf den deutschen Buchmarkt. Nach
der Hardcoverausgabe legte Dumont im letzten Jahr in Form einer
Taschenbuchausgabe nach.
Schwarzer Humor ist etwas, was ich seit Langem mag. Auslöser war glaube ich ein
Monty Python-Film. Diese kleine Vorliebe und der Hinweis, dass Moogs Roman voll
davon wäre, führte dazu, dass die Taschenbuchausgabe von Lebenslänglich vor
mir liegt.
Moogs Schreibstil zog mich schnell in seinen Bann, wobei es mich nicht direkt in
die Geschichte zog. Der Grund hierfür ist die für mich etwas zu distanzierte
Art, mit der die Hauptfigur sich betrachtet. Man könnte schon fast sagen verbal
seziert. Dennoch habe ich das Buch verschlungen.
Die gerade angesprochene Hauptfigur ist ein kleiner, unscheinbarer, adipöser
Bankkassierer mit schütterem Haar und teigiger Haut. Er hat kein allzu reges
Liebesleben. Eigentlich gar keins, denn die Frauen übersehen ihn schlichtweg,
tagtäglich viele, viele Male. Überhaupt ignoriert ihn die Gesellschaft. Er
fühlt sich ausgeschlossen, hat keinen Spaß und versucht, aus diesem trostlosen
Dasein auszubrechen. Dafür macht er aber keine Diät. Er rennt auch nicht ins
Fitnessstudio, um seinen Körper auf Vordermann zu bringen. Besucht auch keine
Flirtkurse oder irgendwelche Seminare mit Anschlussgarantie. Nein, weil er
widersinnigerweise hofft, dass eine spezielle Kollegin in seine tröstenden Arme
flüchtet, wenn den Liebhabern seiner weiblichen Kolleginnen etwas geschieht,
sorgt er für deren Ableben. Dummerweise wird natürlich die Polizei angesichts
der Todesfälle aufmerksam. Und ganz unabhängig davon geht sein Plan schief.
Nicht seine angebetete Traumfrau sucht Trost bei ihm und schmachtet ihn an,
sondern eine nach Schweiß riechende und ebenfalls keinem hierzulande gängigen
Schönheitsideal angehörende andere Kollegin. Angewidert wehrt er sich gegen
ihre Avancen, denn auch wenn er selbst kein Prinz ist, möchte er doch absolut
überhaupt keine Kröten küssen.
Kein sehr sympathischer und noch dazu ein namenloser Hauptcharakter, den Moog da
für sein Romandebüt wählt. Allerdings auch keiner, der absolut erfunden und
unecht wirkt. Voll Selbstmitleid lebt das dicke Männchen, wie er sich selbst
nennt, in seiner eigenen kleinen Welt. Voller Hass auf sich selbst und die Welt,
die ihn einfach übersieht und ungerecht behandelt. Was er denkt und fühlt, was
ihn zu dem was er tut motiviert, das erfahren Moogs LeserInnen durch ihn, mal in
der ersten, mal in der dritten Person. Er plant perfide seine Taten und führt
sie auch gnadenlos aus, bevor er sich selbst zum tapferen kleinen Held des
jeweiligen Abends erhebt.
Moog spart an unnötigen Ausführungen, schafft aber durch die treffend klare,
bildhafte Sprache eine authentische Atmosphäre. Er pointiert durch böse Ironie
und bitteren Zynismus. Und so sieht man, wie die Wunschvorstellungen des
Verlierers sich in Nichts auflösen. Trostlos und trist fristet er sein Dasein.
Er ist sich gnadenlos seiner selbst, vor allem aber seiner Defizite bewusst.
Straft sich unentwegt, indem er sie sich unter die Nase reibt und Vergleiche
zieht. Während die Welt ihn übersieht, scheinen seine Sinne überall zu sein
und alles wahrzunehmen. Seine Welt stand mir beim Lesen erschreckend klar vor
Augen. Unaufgeregt wird nach und nach nachfühlbar klar, wie sehr jemand nicht
nur durch die Gesellschaft, sondern auch durch sich selbst ins Abseits
manövriert werden kann.
Fazit
Lesenswertes Debüt, das Lust auf weitere Werke des Autors macht. Schwarz,
zynisch und unterhaltsam, wie er ist, bekommt Philipp Moogs Lebenslänglich die
volle Punktzahl von mir.
Vorgeschlagen von Ati
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veröffentlicht am 30. Januar 2013 2013-01-30 15:45:52