Man schreibt das Jahr 1676. Im Herzogtum Nassau regiert Graf Johannes, ein
strenggläubiger, gesetzestreuer Landesfürst, dem das Wohl seiner Untertanen
ebenso am Herzen liegt wie sein gottgefälliges Handeln, mit dem er glaubt,
Gottes Wohlwollen für die Ewigkeit zu erreichen. Als nun Mutmaßungen aus dem
Kreise seiner Vertrauten an sein Ohr dringen, dass in einigen Fällen Hexenwerk
im Gange sei, das den Bauern das Vieh sterben ließ und allerhand Schadenzauber
Krankheit und Tod über die Menschen bringe, sieht er die Stunde gekommen, die
Hexen aufspüren und einholen zu lassen, um damit sein Ansehen bei Gott zu
erhöhen und Ungemach von seinem Volk abzuwenden.
Das ist willkommene Arbeit für den in seinen Diensten stehenden Henker Leonard
Busch, den das Volk fürchtet, als sei er ein Abgesandter des Teufels. Dem wird
die Entscheidung des Grafen den Säckel mit Münzen füllen und Verhöre und
Hinrichtungen werden seine Grausamkeit befriedigen. Als die junge Katharina
Heinemann, die mit ihrer Mutter Eva nahe der Stadt Idstein einen kleinen Hof
bewirtschaftet, durch Denunziation in seine Hände gerät, beherrscht ihn nur
noch ein Gedanke: "Die Hexe muss brennen"
Nicole Steyer hat einen großen Roman geschrieben. Gut recherchiert, in
flüssigem Schreibstil und eindrucksvollen Worten malt sie ein Bild der
damaligen Zeit. Es gelingt ihr hervorragend, den Leser in diese Welt
miteinzubinden. Er läuft mit durch schlammige, aufgeweichte Straßen, fürchtet
die gefahrvolle Stille dunkler Torbögen, in denen der Gestank nach Fäkalien
die Luft verpestet und leidet mit den unschuldig Angeklagten in der lautlosen
Schwärze dunkler Verließe, die sich erst dann wieder öffnen, wenn danach die
Flammen der Scheiterhaufen Licht bringen. Umso anrührender sind die Momente der
Liebe, des Vertrauens und der Menschlichkeit, die wieder Hoffnung aufleben
lassen.
Nicole Steyers Buch ist eine beeindruckende Schilderung der damaligen Zeit und
im Besonderen ein Plädoyer an alle Menschen, die dazu beitragen, die heutige
Zeit zu gestalten. Irgendwo auf der Welt ist immer noch "Nassau" -
besiegt werden kann es nur durch unsere Loyalität und Menschlichkeit. Ein Buch,
das lange nachschwingt und in unseren Gedanken verweilt. Einfach wunderbar.
Fazit
Du sollst nicht falsch Zeugnis reden wider deinen Nächsten. Gottes achtes
Gebot, welches er den Menschen als Leitlinie gab, wird hier missachtet, und die
Versündigung am Mitmenschen löst ein Inferno aus, das als flammendes Mahnmal
der Geschichte dienen wird. Eindrucksvoll und nachdrücklich zeigt uns das Buch,
in welche Abgründe der Mensch taumelt, wenn ihn die Werte verlassen, die seine
Gedanken beschützen.
Vorgeschlagen von brillenbaby
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veröffentlicht am 21. November 2012 2012-11-21 12:31:29