Im Oktober 1946 erschüttert ein Doppelmord die Region Vogelsberg in Hessen. Ein
Ehepaar wird ermordet. Im Blickpunkt steht schnell die Tochter der beiden Toten.
Bei den Ermittlungen kommt heraus, das die Tat einen weiten Vorlauf hat. Kurz
nach Ende des Zweiten Weltkriegs zieht Greta mit ihrer Tochter Magda wieder bei
ihren Eltern ein. Gretas Mann wird vermisst und schnell eskaliert die
Lebenssituation der Familie, die auf engstem Raum zusammenleben muss.
Nach seinem Krimi "Das Mandarin Kartell" ist "Doppelmord"
der zweite Roman des ehemaligen Planungsingenieurs Dieter Dutzmann. Als
Grundlage hat er diesmal einen tatsächlichen Mordfall ausgewählt, auf den er
mehr durch Zufall gestoßen ist. Nach und nach stöberte er in den Stadtarchiven
und brachte viele Zeitdokumente zu Tage. Zusammen mit der Sozialpädagogin Eva
Erlmann entstand jetzt die Geschichte des tragischen Doppelmordes. Neben der
eigentlichen Geschichte versuchen die beiden Autoren auch, ein Stück
Zeitgeschichte wiederzugeben. Und dies gelingt ihnen ausgesprochen gut. Die Zeit
kurz nach Ende des Krieges wird für den Leser mehr als lebendig. Dies geht
allerdings zu Lasten der eigentlichen Romanhandlung. Bedingt durch den oft etwas
nüchternen Erzählstil und der zahlreichen Perspektivenwechsel liest sich das
Buch an einigen Stellen eher wie ein packendes Sachbuch. Die fiktive
Ausarbeitung der Handlung kommt hier stellenweise ein wenig zu kurz.
Wer über diesen Punkt hinwegsehen kann, wird mit einem überaus kurzweiligen
und sprachlich ausgezeichnetem Roman belohnt, der seine Stärken vor allem in
der detailgenauen und lebendigen Schilderungen der Nachkriegstage hat. Auch
wenn, bedingt durch das Vorwort, die Tat klar ist, zieht der Roman seine
Spannung aus der Frage, wie es überhaupt zu der Tat kommen konnte. Und genau
dies ist der Ansatzpunkt, den sich die beiden Autoren vorgenommen und den sie
hervorragend umgesetzt haben.
Fazit
Wer einen klassischen Kriminalroman erwartet wird von "Doppelmord - Eine
wahre Geschichte aus dem Vogelsberg" sicher etwas enttäuscht sein. Im
Blickpunkt steht nicht die Frage, wer der Täter ist, sondern wie es überhaupt
dazu kommen konnte. Dafür wechselt die Erzählerperspektive mehrfach und
Originaldokumente werden zitiert. Dies sorgt stellenweise eher für einen
hochwertigen Sachbuchcharakter. Trotzdem ist "Doppelmord" absolut
lesenswert, da es Dieter Dutzmann und seiner Co-Autorin ausgezeichnet gelingt,
den damaligen Mordfall und die intensive Milieustudie vor den Augen der Leser
lebendig werden zu lassen!
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 14. Oktober 2012 2012-10-14 15:00:07