Richard Martin arbeitet bei der Firma "Welte und Söhne", die sich auf
alleinspielende Pianos spezialisiert hat. Eines Tages wird er als Übersetzer
für eine entfernte Verwandte seines Chefs eingesetzt. Eher widerwillig nimmt er
sich der Irin Norah Casey an, die sein Leben kräftig durcheinander wirbelt. Ein
gutes Jahr später trifft er Norah in Belfast wieder, als er beauftragt wird,
das Klavier auf der Titanic aufzubauen. Richard lernt Norah und ihre Familie
kennen und bekommt einen Eindruck vom ärmlichen Leben der Arbeiterschicht in
Belfast. Dabei kommen sich Richard und Norah näher, zumal Norah auf der Titanic
als Stewardess arbeitet. Es beginnt die Jungfernfahrt des historischen
Ozeanriesen, die auch für Richard und Norah zu einer entscheidenden Fahrt
werden soll.
Mit "Der Klang des Pianos" legt die in Süddeutschland lebende Autorin
Elisabeth Büchle einen Titanic-Roman der etwas anderen Art vor. Ähnlich wie
bei "Tanz unter Sternen" von Titus Müller seht das Schiffsunglück
nicht im Mittelpunkt des Romans. Im Werk von Elisabeth Büchle nimmt es sogar
relativ wenig Raum ein. Das der Roman trotzdem oder gerade deshalb ein Genuss
ist, liegt an der packenden Geschichte und an den überaus glaubhaften Figuren,
die Frau Büchle zu Leben erweckt hat.
Der Roman gliedert sich in zwei Teile. Der erste, etwas kürzere Teil spielt in
Freiburg und erzählt von den Tagen, die Norah Casey im Breisgau verbringt. Im
zweiten Teil ist überwiegend Belfast der Schauplatz der Handlung. Der Leser
lernt Norahs Familie kennen, die tatkräftig am Bau der Titanic mitgearbeitet
hat. Richard lernt mit Helena Andrews eine junge Dame kennen, die großes
Interesse an ihm hat und für dieses Interesse bereit ist, alles zu tun. Norah
muss unterdessen Probleme ihrer Freunde lösen und legt sich mit den falschen
Personen an. Die Titanic spielt im Prinzip nur eine untergeordnete Rolle, auch
wenn sie für den Fortgang der Geschichte und vor allem für das Ende von
elementarer Bedeutung ist. Das lesenswerte an "Der Klang des Pianos"
ist, dass der Roman das Unglück im Prinzip nicht braucht. Der Plot überzeugt
und begeistert Leser unterschiedlicher Genres. Natürlich kommt auch Elisabeth
Büchle nicht um das eigentliche Unglück herum, kann aber auch hier
überzeugen. Sehr gekonnt verwebt sie die historischen Fakten mit ihrer
Geschichte und erzählt den Untergang zwar bewegend und nachvollziehbar, jedoch
ohne Kitsch und Pathos!
Fazit
"Der Klang des Pianos" ist sicher eine der großen Buchüberraschungen
des Jahres 2012! Die Mischung aus historischem Roman, Krimi und Liebesgeschichte
ist durchweg stimmig. Die Autorin besitzt ein ausgesprochen gutes Sprachgefühl
und schlüpft hervorragend in die Haut ihrer Figuren. Ein lesenswerter Roman
für alle Alters- und Interessenschichten. Gerade die detaillierte Beschreibung
der Arbeitsverhältnisse in Belfast macht "Der Klang des Pianos" auch
für alle Titanicfans, die meinen, schon alles über den Ozeanriesen zu kennen,
zu einer Pflichtlektüre.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 03. Juli 2012 2012-07-03 16:22:44