Stille Tage in Chantilly - Bonne peche pour Pippa.
Stille Tage in Chantilly hatte sich Pippa Bolle gewünscht und vor allen Dingen
Muße, sich mit der Übersetzung von Hemmingways biographischen Schriften zu
befassen. Deshalb nahm sie freudig das Angebot ihrer Freundin Pia Peschmann an,
sich dort ein paar Wochen um die Renovierung des Ferienhauses bei
Chantilly-sur-Lac zu kümmern, das Pia zu erstaunlich günstigem Preis erworben
hatte. Das Schnäppchenangebot hatte eine Ursache: Vor 25 Jahren war dort im
Haus etwas Dramatisches geschehen und der damals 18 Jahre alte Jean Didier ist
seither verschwunden, wurde vielleicht Opfer eines Verbrechens. Kein Wunder,
dass dieses Gemäuer dem Preisverfall anheim fiel. Für Pippa, deren Domizil im
"Vent Fou" gebucht war, wo sie von Pascal mit feurigen Blicken und
kulinarischen Köstlichkeiten versorgt wurde, war die Aussicht auf eine Auszeit
von der Transvaalstraße in Berlin gerade jetzt besonders verlockend. Über kurz
oder lang würde dort Leo, ihr Verflossener, aufkreuzen, der just zu diesem
Zeitpunkt die Scheidungspapiere erhalten haben musste und sicher nicht
beherrscht reagieren würde. Ihren 40.ten Geburtstag konnte sie nachfeiern, das
war kein Problem. So fuhr Pippa beschwingt in Richtung Südfrankreich und teilte
diese Route mit einem Berliner Kleinbus, der den Anglerverein Kiemenkerle e.V.
an Bord hatte und seinem diesjährigen Angler-Ausflugs-Ziel am Fuß des Montagne
noir entgegensteuerte. Noch ahnte Pippa nicht, dass auch ihr alter Bekannter aus
Schreberwerder, Kommissar Wolf Schmidt, ein Begleiter der munteren Angler war.
An attraktiven Männern, die Pippa den Hof machten, fehlte es sowieso nicht, man
musste nur erkennen, wer ein unehrliches Spiel trieb und damit gefährlich war,
was in all den auftretenden Turbulenzen recht schwer fiel. Auch Leo, dem Pippa
entgehen wollte, kreuzte noch in ihrem Umfeld auf und - last not least - wie
immer bei der detektivisch begabten Pippa, gab es die obligatorische Leiche.
Einer der fröhlichen Kiemenkerle fand ein kühles Ende und sogar Pippa drohte
der nasse Tod. Diese erholsamen Tage in Frankreich könnten im Reisekatalog
problemlos unter action-Urlaub angeboten werden.
Wunderbar ist wieder einmal die Begegnung mit Pippa, die mittlerweile eine
absolute Fan-Gemeinde hinter sich hat. Ein kurzes Intermezzo geben diesmal sogar
die beiden Schriftstellerinnen Auerbach und Keller. Amusant. Alle Protagonisten
werden liebevoll entschlüsselt, im Zweifelsfall hilft dem Leser der Rückblick
aufs Register. Alles liest sich flüssig und wie von selbst, man taucht mit ein
in die Landschaft und die Lebensart der Romanfiguren, die dem Leser in kurzer
Zeit vertraut sind. Es ist auf gemütliche Art spannend in Pippas Leben,
unblutig und geistreich, humorvoll und ganz speziell.
Fazit
Grosse Unterhaltungsklasse war das dritte Abenteuer mit Pippa - man glaubt es
nicht - aber es gab schon wieder eine Steigerung in dieser kunterbunten
Kriminalstory, das lag nicht nur am neuen Land und neuer Leiche!
Das war ein perfekter Lesegenuss, der Anlass sein könnte, einmal auf Pippas
französischen Spuren zu reisen - natürlich nicht gerade dann, wenn ein
Kiepenkerl dort sein Leben läßt!
Vorgeschlagen von brillenbaby
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veröffentlicht am 13. Juni 2012 2012-06-13 08:40:12