Ein Verband und seine Korruption
"Das Leben ist schön, wenn Beifall durchs Stadion braust wie ein
Orkan".
So beginnt Thomas Kistner sein Buch und so kann das sicherlich jeder
Sportbegeisterte und vor allem Fußballbegeisterte nachvollziehen. Und genauso
stellt sich eben seit Jahrzehnten bereits die FIFA nach außen hin so gut wie
"uneigennützig" in den Dienst des Fußballs.
Nicht aber erst seit diesem Buch jetzt ist dem aufmerksamen Beobachter klar,
dass hinter den Kulissen ein ganz anderes Spiel gespielt wird, das wenig mit dem
auf dem Rasen geforderten Fair Play zu tun hat. Des Ringen um Macht, Einfluss
und einfach auch jede Menge Geld sind es, die Thomas Kistner sorgfältig
recherchiert und hervorragend lesbar auf den gut 400 Seiten seines Buches vor
dem Leser ausbreitet. Versehen mit ausführlichen und umfangreichen
Quellenangaben wird schnell deutlich, dass hier ein Autor nicht einen
Schnellschuss abgibt, sondern sich fundiert in die Materie eingearbeitet hat.
Ein Ringen, eine Form fast greifbarer Korruption, die eng verbunden ist mit dem
Namen des Präsidenten der FIFA, Sepp Blatter. Einer, der sich 2006 nach dem
Ende des WM Finalspieles nicht auf dem Rasen zur Siegerehrung blicken lässt, so
massiv spürte er den Gegenwind der buhenden Fans in den Stadien. Geschäfte,
Macht und Selbsterhöhung, dass sind die Begriffe, die Kistner Seite für Seite
deutlich mit diesem FIFA Präsidenten und seinem Komitee in Verbindung bringt,
detailliert und nachvollziehbar, dass sogar der informierten Leser noch erstaunt
sein wird über die Ausmaße und Strategien hinter der glänzenden Fassade des
weltweiten Profifußballs.
Schmiergeldzahlungen, Bestechungen, Intrigen, Mobbing, Zerstören des Rufes von
unliebsamen Konkurrenten, die Liste dessen, was an Fehlverhalten und Strafbahren
sich alleine schon aus der bekannten Aktenlage ablesen lässt ist lang. Und
vieles lässt sich, folgt man Kistner im Buch, durchaus in enge Verbindung mit
dem Ego des Joseph Blatter bringen. Wenn Kistner den Titel eines alten
Kirchenchorals als eine der Kapitelüberschriften benutzt "Vor Dir neigt
die Erde sich", zeigt er wieder einmal in griffiger und einprägsamer
Sprache auf, woran die FIFA vor allem krankt. Neben der Gier nach Geld an der
Eitelkeit der Funktionäre. Ebenso interessant ist, auch wenn bereits
hinlänglich öffentlich diskutiert, die Hintergründe der Vergabe der WM an
Katar.
Eine Organisation, die viel Geld bewegt, die faktisch viel Macht in Händen
hält (Kistner nennt die Fifa einen "Staat im Staat") und die als
Organisation, aber auch in so manchen der einzelnen Funktionäre rücksichtslos
allein eigenen Interessen nachgeht. Und dafür kaum wirklich belangt werden
kann, zur Zeit zumindest noch. Geld und Macht, die fast allein in der
Federführung einer einzelnen Person liegen. Eine Konstellation, die nicht
wirklich gut funktionieren kann, wie Kistner nachweist.
Vielleicht auch, auch dies gibt Kirstner dem Leser zu bedenken, weil andere
Bereiche der Gesellschaft, vor allem die Medien, aber auch die Politik und
Wirtschaft, viel zu sehr damit beschäftigt sind, ihren Teil vom großen
"Fußballglück" zu sichern denn kritisch und in Teilen auch
juristisch gegen diese ausgenutzte "Allmachtstellung" im Weltfußball
vorzugehen.
Fazit
Fundiert recherchiert, überzeugend und breit dargestellt und nachvollziehbar
und verständlich geschrieben bietet Kirstner eine ganz hervorragende
Recherchearbeit über Geld, Macht und Ego im Verband Weltfußball.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 10. Mai 2012 2012-05-10 10:34:25