Callum McGregors Vater ist Schafzüchter in Schottland. Callum und seine Freunde
waren bisher beim Herumstreifen und Angeln auf dem weiträumigen Farmgelände
immer ungestört gewesen. Unerwartet taucht ein Mädchen im Revier der Jungen
auf. Iona kann Forellen mit der Hand fangen und scheint die Farm besser zu
kennen als Callum, der hier sein ganzes Leben verbracht hat. Unter dem Siegel
der Verschwiegenheit vertraut Iona Callum an, dass sie einen männlichen
Fischadler dabei beobachtet hat, wie er einen Horst vorbereitet, um ein Weibchen
anzulocken. Callum fällt es nicht leicht, zum Schutz der Greifvögel das
Geheimnis für sich zu behalten. Als die Adlerdame, die von Iona Iris getauft
wurde, sich unglücklich in einer Angelschnur verfängt, müssen die Kinder ihr
Schweigen brechen, damit Hamish, der Naturschützer aus dem benachbarten
Reservat, das Adlerweibchen befreien kann. Hamish beringt den Greifvogel und
legt ihm einen Satellitensender an.
Auf alten Familienfotos erkennt Callum, dass auf dem Land seiner Eltern schon
vor hundert Jahren Seeadler nisteten. Als die Vögel sich im Herbst auf den Weg
in ihr Winterquartier in Afrika machen, verfolgt Callum auf google earth Iris
Weg und trägt die ermittelten Koordinaten in ein Tagebuch ein. In Gedanken
stellt er sich vor, was der Greifvogel unterwegs erleben könnte. In einem
Mangrovensumpf in Gambia scheint Iris Reise plötzlich beendet zu sein; der
Sender ist verstummt. In großer Sorge versendet Callum Mails an Hotels und
Institutionen in der Gegend, aus der das letzte Signal gesendet wurde, um an Ort
und Stelle Hilfe für den "Kulanjango", den Seeadler zu finden. Eine
Antwort kommt per Mail von Jeneba, einem Mädchen, das Patientin eines kleinen
Krankenhauses in Gambia ist. Der Kontakt nach Afrika mündet für Callum, seine
Freunde und den ganzen Ort in einer aufregenden Begegnung.
Fazit
Callums Erlebnisse mit einem Seeadlerpaar finde ich für die Zielgruppe von 7
bis 11 Jahren sprachlich weniger gelungen. Callums Begleitung des
Seeadlerweibchens in seinen Gedanken ist zwar typografisch als Phantasie des
Jungen herausgehoben, klingt jedoch wie eine Landschaftsbeschreibung der
erwachsenen Autorin. Ein Grundschüler möchte vermutlich lieber wissen, was aus
dem Seeadlerjungen wird, wenn seine Eltern nach Afrika fliegen, als den - für
Kinder langweiligen - poetischen Landschaftsbeschreibungen zu folgen. Die
Vogelflug-Passagen zeigen die menschliche Vorstellung und nicht die Wahrnehmung
eines Vogels, der z. B. Farben anders wahrnimmt als Menschen.
Von Texten für Kinder erwarte ich vorbildliches Deutsch und habe mich deshalb
im letzten Viertel des Buches über einige Fehler geärgert. Zu wörtliche
Übersetzung (Ich möchte eine Ärztin werden, S. 170) oder eine Vogelkralle,
die zur Klaue wird (S. 219), erwecken den Eindruck, dass Übersetzer und Lektor
zum Ende des Textes die Lust verloren haben.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 23. April 2012 2012-04-23 11:10:37