Angefüttert durch Alex Capus' "Leon und Louise" und dem darin
enthaltenen Flair bin ich auf das hier besprochene Buch von Julia Stagg
aufmerksam geworden. Zugegeben, das Auto auf dem Umschlagbild war auch nicht
ganz unschuldig, wie das ganze Umschlagbild an einige schöne Tage im Périgore
erinnerte.
Nun ist das Flair in diesem Buch nicht mit der Besinnlichkeit bei Capus zu
vergleichen, aber Flair, französischen Charme und ausgelassene Fröhlichkeit
bringt es trotz aller Katastrophen ins Spiel. Die Schriftstellerin hat den
französischen Nerv sehr gut getroffen, und das obwohl, oder gerade weil?, sie
eine Britin ist. Das wird daran liegen, dass sie ähnliche Erlebnisse wie die
des englischen Ehepaares Lorna und Paul Webster in dem Buch hatte erfahren
müssen. Genau wie diese hat Stagg mit ihrem Mann eine Pension auf dem
französischen Lande eröffnet und betrieben. Für die Websters geht es in dem
Pyrinäendörfchen Fogas nicht gerade lustig zu. Als sie sich im Sommer die
"Auberge de Deux Vallées" anschauten und sich in sie verliebten,
wohnten dort noch die Inhaber mit ihrer Familie, das Restaurant war in Betrieb,
die Betten bezogen, in der Küche hatte es nach Gewürzen geduftet. Doch nun,
als sie im Winter endlich die Möbelwagen ausladen, ist die Herberge nichts
weiter als eine dreckige und heruntergekommene Herberge, deren Möbel und
Fußböden von Mauseköttel übersät sind. Doch dies ist nicht das einzige
Ungemach, welches sie erwartet. Viel schlimmer soll der Ärger werden, den Serge
Papon, Bürgermeister des Örtchens, ihnen bereitet. Denn dass das Restaurant in
einem französischen Dorf von Engländern, die noch nie etwas vom Kochen
verstanden hätten, seinem Schwager vor der Nase weggeschnappt wurde, ist ein
unverzeihlicher Affront.
Mit leicht süffisantem Humor hat Julia Stagg diesen Roman verfasst. Hin und
wieder musste ich in lauteres Lachen ausbrechen. Der Streit zwischen den
"geschmacklosen" Engländern und den
"Froschschenkelfressern" bildet die Grundlage dafür und für ein
heilloses Chaos in den Bergen Frankreichs. Zahlreiche Begebenheiten, wie die von
Jaques, der dem Bürgermeister eine Flamme an dessen Hinterteil hält, worauf
der in Flammen aufgeht, der Raum nach geschmortem Fleisch riecht und Jaques sich
vor Lachen nicht mehr einkriegt, geben Anlass, so manche Traurigkeit schnell zu
vergessen. Denn immer wieder neue Intrigen des Bürgermeisters lassen die
Websters nicht zur Ruhe kommen. Manche Szenen haben etwas von Situationskomik an
sich und man liest sie gern ein zweites Mal.
Einfühlsam und gut gelungen ist die Einführung eines Geistes in die reale Welt
dieser Dorfgemeinschaft. Aber dieser Geist macht keinesfalls eine
Fantasy-Geschichte aus dem Roman. Es ist der verstorbene Ehemann einer
Dorfbewohnerin, die mit ihm gerne noch Zwiesprache hält. Die sprachliche
Umsetzung des Humors wird zweifellos auch das Verdienst der Übersetzerin
Angelika Naujokat sein. Sie hat hervorragend die sprachlichen Schwierigkeiten
(die Websters sprechen anfangs mit deutlichem, später mit weniger ausgeprägtem
Akzent) für den deutschen Leser gemeistert. Und auch Annie mit ihrem losen
Gebischkommtbeschonderschgutrüber.
Fazit
Das Buch ist äußerst unterhaltend, bannt den Leser in einem ständigen Auf und
Ab von Gefühlen und ist deshalb sehr zu empfehlen.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
[Profil]
veröffentlicht am 24. März 2012 2012-03-24 21:16:30