Im socielnet- und Lebenstaumel
Jasper hat es einerseits nicht einfach und andererseits sehr. Nicht einfach,
sich in seinem Leben emotional "vorkommen zu lassen", dies ist
zumindest der Anschein, den er erweckt. Einfach allerdings, da er sich fast
völlig auf dieses sein "facebook - party - erlebnis - Leben"
konzentrieren kann.
Gut gut, die Stunden mit der Therapeutin (er hat eine Katze getötet. Folgt man
ihm, war es Erlösung, folgt man dem Bild der anderen war es zumindest
jugendliche Quälerei) waren zunächst lästig, bis er herausbekommen hat, was
die Frau hören will und wie er das zu formulieren hat, seitdem verstreichen
auch diese Stunden im Geplätscher der Zeit.
Zeit, die gefüllt ist mit "Sex and Drugs and Party". Nebenbei noch
mit ein wenig Schwärmen für die momentane Traumfrau, die leider ein wenig zu
konservativ in der Haltung ist (zumindest für das Bild, das Jasper von
17jährigen Mädchen hat). Da hilft dann hier der heiße Chat im Internet. Für
solche "Aktivitäten" nutzt Jasper im Übrigen gern die Socken seines
Stiefvaters, den er für einen Serienmörder hält (ohne zwingenden Beweis,
natürlich).
Umgeben von gleichaltrigen Maulhelden, nervtötenden Lehrern und überaus
verständnisvollen, sprich meist nur mit sich beschäftigten, Eltern taumeln
Jasper und die Seinen eher durch das, was sie Leben nennen (oder was sie an
Leben zu finden hoffen), denn dass eine klare Linie der Entwicklung erkennbar
wäre.
Auch im Stil folgt Brooks eher einem solchen Taumeln, wie eine Aneinanderreihung
von Tagebucheintragungen (und dann macht ich dies und dann passierte das und
dann machte ich Tee und dann zog ich eine Line und dann, und dann, und dann),
scheut auch den Blick auf die Partyleichen und blutrot verfärbte Körperteile
nicht, ebenso, wie er lapidar und nebenbei und ohne großes Aufhebens den Sex
immer wieder in die Mittelpunkt der Betrachtungen rückt. Sex, der eher klinisch
stattfindet, ohne weitergehende Emotionen.
Neben all diesen "Erlebnissen" schält sich bei der Lektüre des
Buches ein Hauptthema durchaus erschreckend heraus. Unbeteiligt sind sie, die
Protagonisten des Buches. Ob sich auf einer Party jemand einen Finger
abschneidet und beim Versuch, das Krankenhaus zu erreichen, die betrunkene
Freundin im Graben landet (samt Opfer und Finger) und erst Stunden später sich
jemand aufrafft, mal zu helfen. Ob die Clique von gut 20 jungen Leuten von zwei
Schlägern angegriffen wird und keiner dem einen hilft, der sich im
Schwitzkasten wiederfindet. Ob ein Mädchen auf der Schule Selbstmord begeht, da
sie Opfer einer sexuellen Mobbing Attacke wurde, all dies und noch viel mehr
streicht einfach so vorbei im Buch, bildet keine emotionalen Zäsuren, vor
weniger Höhepunkte.
So besteht die Kraft des Buches vor allem darin, den Blick auf eine rein
egozentrische, der momentanen und spontanen Lust hingegeben und ansonsten
emotional (fast) völlig leeren Jugend zu richten, die sicherlich nicht als
unbedingt repräsentativ gelten muss, dennoch aber wohl durchaus nicht
realitätsfern geschildert wird. Vor allem in jenen Momenten, die die
Unsicherheit, die Angst, die Leere des eigenen Tuns doch durchblitzen lassen.
Was die Lektüre erschwert ist der einerseits lapidare Tonfall, der einen
durchaus hier und da den Faden verlieren lässt und zudem die doch in Teilen
äußerst flachen Charaktere. Nur selten spürt man eine gewisse Entwicklung
oder Differenzierung (eine enge Freundin Jaspers, Tenaya, bildet hier eine
leichte Ausnahme, nicht nur, weil sie sich ritzt).
Fazit
Das Buch fließt und fließt vor sich hin, bildet leider zu wenige wirkliche
Höhepunkte aus, was die innere Beteiligung des Lesers erschwert, zeigt aber
schonungslos und in direkter Sprache eine Jugendwelt, die durch die Tage
taumelt, die Zeit mit allem füllt, was irgendwie unterhaltsam scheint. Wo es
aber darauf ankäme, sich abwendet oder einfach kneift. Nicht nur in äußern
Situationen, vor allem eine innere Emotionslosigkeit scheint zumindest diese
konkrete Gruppe von Jugendlichen zu kennzeichnen, die Brooks als Autor im Blick
hatte. Eine Emotionslosigkeit aus Unsicherheit und Angst heraus, die es durchaus
wert ist, auch durch dieses Buch, wahrgenommen zu werden.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 02. März 2012 2012-03-02 15:02:26