Josefa ist eine ganz normale Jugendliche mit außergewöhnlich strengen Eltern.
Ihre Familie stammt aus der Ex-DDR und schloß sich nach der Wende einer
ultrarechten christlichen Sekte an. Der Vater würde seine Tochter am liebsten
einsperren, um sie vor fremden Einflüssen zu schützen. Normale Kontakte hat
Josie eigentlich nur bei ihrem Nachmittagsjob im Altenheim. Als Josie sich in
Felix verliebt, ahnt man, dass ihre Liebe in dieser beklemmenden
Familiensituation nicht lange geheimzuhalten sein wird. Parallel zu Josies
Erlebnissen wird von einer noch unbekannten Person erzählt, die in einem per
Monitor überwachten Raum eine Gefangene hält. Wie alle Jugendlichen chattet
Josie gern. Ihren Rechner hat ein Computerfreak aus dem Ort installiert - und
eine Weile habe ich angenommen, Josie würde sich im Internet in Gefahr bringen,
weil sie zu wenig Ahnung von den Sicherheitseinstellungen ihres PC hat. Während
in Rückblenden die DDR-Vergangenheit einer Person und ein gescheiterter
Fluchtversuch eingeblendet werden, ermittelt die Polizei in Köln im Fall einer
jugendlichen Toten, die in einer leerstehenden Fabrikhalle gefunden wurde.
Ermittlerin ist Stella von Walden, eine Sonderermitlerin des BKA für Delikte an
Kindern und Jugendlichen. Sie und ihr japanischstämmiger Kollege Miki Saito
werden dem Kölner Kommissar Muthaus einfach vor die Nase gesetzt. Schnell wird
klar, dass die inszenierte Lage der Toten auf einen Serientäter hindeutet und
Celine Morgenthau nicht das erste Opfer dieses Täters ist.
Während das Verhältnis zwischen Josie und ihrem Vater eskaliert, findet Stella
heraus, dass alle Fäden in Berlin zusammenlaufen. Hier wurden beide Opfer als
Neugeborene anonym adoptiert. Josies Freundin Stella sorgt sich inzwischen um
Josies äußerst besitzergreifenden Chatpartner, ihren virtuellen Verehrer
Geronimo. Die Situation wird besonders gefährlich, weil Josie mit ihren
überstrengen Eltern nicht über die Sorgen wegen ihrer Chaterlebnisse sprechen
kann. Die Polizei auf der Spur eines Serientäters, Tommie, der Kontrollfreak
mit traumatischer Vergangenheit und Josies beklemmende Situation als
Stalking-Opfer verknüpft Frank Reifenberg zu einem atemberaubend spannenden
Thriller. Kompliziert wird das Netz aus Spuren und Vermutungen, weil den
Ermittlern aus dem Westen anfangs entscheidende Kenntnisse über die ostdeutsche
Denke fehlen. Reifenberg führt seine Leser auf falsche Spuren und lässt sie
immer wieder um Josies und Sarahs Leben bangen. Nachdem das Rätsel gelöst ist,
wirken die Motive des Täters aus seiner Biografie heraus völlig plausibel -
und ich musste meine Vermutung revidieren, Josie wäre in PC-Fragen unbedarft.
Reifenberg kombiniert einen realen Internet-Stalking-Fall mit historischen
Ereignissen in ostdeutschen Jugendwerkhöfen, Kinderknästen, in die zu DDR-
Zeiten Kinder von Republikflüchtigen geperrt wurden.
Fazit
Super spannend - absolut empfehlenswert, besonders für Jugendliche - einer der
besten Thriller, die ich in letzter Zeit gelesen habe.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 29. Februar 2012 2012-02-29 09:38:45