Am Krankenbett von Sylvanus Now (
Der Geruch von Salz) treffen sich
seine Frau und seine erwachsenen Kinder. Sylvanus, der sich als Holzfäller und
Fischer vor keiner schweren Arbeit scheute, hat beim Robbenfischen einen
Herzinfarkt erlitten. Sylvanus Frau Adelaide hasste als Mädchen das Meer und
wollte unbedingt aus ihrem neufundländischen Heimatdorf heraus. Ihre Liebe zu
Sylvanus führte sie nur bis ins Fischerdorf Cooney Arm. Tochter Sylvie ist in
ihrer Dickköpfigkeit der Mutter sehr ähnlich. Nachdem drei Kinder der Nows
als Babys starben, konnte Adelaide für Sylvie keine Mutter-Gefühle entwickeln
und gab sie zur Oma, die mit den Nows auf einem Grundstück lebt. Addys innigere
Beziehung zu den beiden jüngeren Söhnen war für Sylvie als Kind nur schwer zu
ertragen. Sylvie ist gerade aus Alberta in die Heimat zurückgekehrt. Nach dem
Abschluss ihres Studiums arbeitet sie dort als Kellnerin auf einem Ölfeld der
Provinz im Westen Kanadas, um schnelles Geld zu verdienen.
Sylvanus schwere Krankheit richtet nun den Blick wie ein Brennglas auf die
Probleme der Nows. Wegen der Überfischung des Atlantik ist die Familie bereits
einmal mitsamt ihrem Holzhaus umgesiedelt. Sylvanus kann seine Familie nur
ernähren, solange er Geld mit Holzfällen und Fischen verdient. Sollte er
wieder gesund werden, ist dieses Leben vorbei. Chris, der ältere Sohn, ist
nicht für das harte Leben an der Küste gemacht. Schon Sylvanus Vater ist auf
See tödlich verunglückt. Weil er kein Grab hat, kann seine Frau ihn nicht
gehen lassen und glaubt, dass er noch immer im Haus spukt. Sylvie ist für
Großmutters Geschichten sehr empfänglich und spürt wie sie in verlassenen
Häusern die ehemaligen Bewohner spuken.
Sylvie versucht schon lange, ihren verträumten Bruder zu einem Kunststudium zu
überreden. Sylvanus sieht die Dinge realistisch. Er weiß, dass Chris ihm das
Dach nicht abdichten wird, wenn er es selbst einmal nicht mehr kann. Nur
Adelaide macht sich etwas vor, indem sie darauf beharrt, dass Chris mit dem
Vater gemeinsam arbeiten wird. Um den Lebensunterhalt zu verdienen, müssen
junge Leute außerhalb Neufundlands arbeiten. Mutter Adelaide müsste ihre
Tochter gut verstehen und hätte dennoch die Familie am liebsten unter ihrem
Dach versammelt. Chris fühlt sich nun verpflichtet, die Eltern zu
unterstützten, weil doch Sylvie bereits Neufundland verlassen hat. Der jüngere
Sohn Kyle ist noch ein Kind. Während der Vater sich nur sehr langsam von seinem
Herzinfarkt erholt, fällt Chris eine Entscheidung, die fatale Folgen haben
wird. Er bewirbt sich um einen Job auf dem Ölfeld von Grand Prairie, wo auch
Sylvie und zwei Jugendfreunde der Geschwister arbeiten.
Fazit
Donna Morrissey zeigt mit ihrem kraftvollen, bewegenden Roman eine Familie an
der neufundländischen Küste, die von ihren Kindern erwartet, was hier seit
Generationen zum Überleben notwendig ist. Doch die alten Werte können mit dem
Strukturwandel in der Gegend nicht mithalten. Sylvie muss schmerzhaft erkennen,
dass sie für ihren erwachsenen Bruder nicht mehr verantwortlich ist. Den
rauhbeinigen Gesellen ihres Familienromans gibt Donny Morrissey eine
authentische Sprache, die Miriam Mandelkow treffend ins Deutsche übertragen
hat.
Vorgeschlagen von Helga Buss
[Profil]
veröffentlicht am 20. Februar 2012 2012-02-20 10:02:25