Das Konzept einer nachhaltigen Marktwirtschaft
Im Blick auf die aktuelle Krise (nicht nur) der Eurostaaten, im Blick darauf,
dass im Rahmen dieser Krise tatsächlich breite systemische Fragen sich stellen
und nicht nur, wie im Rahmen der Bankenkrise, diese Fragen sich auf einen
konkreten Sektor der Wirtschaft beschränken, legt Ulrich Mössner eine durchaus
bedenkenswerte Konzeption einer Neuordnung der Marktwirtschaft vor.
Hierbei kann Mössner seine Überlegungen mit mannigfaltigen Erfahrungen aus der
Praxis unterlegen aus seinen Zeiten als Manager in vielfachen Aufgaben heraus,
die ihn auch in den Bereich der Energiewirtschaft führten.
Ausgehend von der Erkenntnis, dass das "weltweit vorherrschende neoliberale
Wirtschaftssystem" völlig falsch gepolt ist, das die Ausrichtung auf
ständig sich fortführendes und sich steigerndes Wachstum ebenso ständig
Krisen produzieren wird wie die Sicht auf rein kurzfristige Gewinne und die
damit einhergehende Marktradikalität und die soziale Unausgewogenheit,
entfaltet Mössner auf den 200 Seiten des Buches einen durchaus durchdachten und
umsetzbaren Ansatz zu einem Gegenentwurf. Überlegungen, die an die Wurzeln der
Problematik herangehen, jene "Gier", die zunehmend die Herrschaft
über "das Wirtschaften" übernommen hat und aus der heraus jede
Krisenbewältigung, jeder Aufschwung, bereits wieder die nächste Krise
zwangsläufig in sich trägt, weil das "System" ständig materiellen
Wachstums letztlich keiner Änderung unterzogen wird und alle an Krisen
beteiligten Akteure in unveränderter Haltung weiter im "Spiel"
verbleiben.
Gut aufgearbeitet im Buch ist es, dass Mössner keine rein
abstrakt-theoretischen Modelle diskutiert, sondern vielfache Bezüge zur Praxis
herstellt und aus dieser Praxis heraus schon jetzt gangbare Modelle in den Raum
setzt für ein ökologisches, sozial und ökonomisch nachhaltiges Handeln und
Wirtschaften. Das langfristig Stabilität produziert und gar nicht unbedingt
drastische Einschnitte im Blick auf eine individuelle Lebensqualität mit sich
bringen würde. Die allerdings weniger profit- und wachstumsorientiert nur sein
kann, dabei aber auch deutlich weniger gesellschafts- und umweltfeindlich sein
wird. Erreichbar mit einer grundlegenden Reform des Wirtschafts- und
Finanzsystems, die er ausführlich im Buch erläutert, nachdem er die Ursachen
der immer wiederkehrenden Krisen dargelegt hat. Eine Reform, die nur mit einer
Bildungs- und Innovationsoffensive zu einem Paradigmenwechsel führen kann. Zu
einem nachhaltigen Wachstum, das kein exponentielles Wachstum sein kann.
Seine Adressaten sind dabei die "mündigen Bürger". Nur wenn diese
ein Gegenwicht zur übermächtig erscheinenden "neoliberalen Lobby"
aufbauen können, kann genug Einfluss auf die Politik ausgeübt werden, die
entscheidenden Weichen zu stellen. Dass die Märkte sich dabei nicht
"selbst regulieren und kurieren", ist eine offenkundige Tatsache und
kein antiliberaler Glaubenssatz.
Leider, wie so oft, kann dies auch hier nur in der Form eines Appells geschehen
und leider, wie so oft, zeigen die aktuellen politischen Interventionen eher den
Willen zu einem unbedingten Stützen des vorhandenen Wirtschaftssystems auf.
Bedauerlich auch deshalb, weil Mössner ja beileibe nicht die einzige Stimme au
und in der Wirtschaft ist, die sich in dieser Form kritisch äußert und warnend
darauf hinweist, dass es in bekannter Form nicht auf Dauer weitergehen kann.
Fazit
Vielleicht aber ist dieses lesenwerte Buch ein weiteres Element, ein weiteres
Puzzlestück im lauter werden Chor jener Stimmen, die an den Grundursachen der
Übel zu arbeiten gedenken statt immer nur Risse und Brüche übertünchen zu
wollen bis zur nächsten Krise. Nachvollziehbar und verständlich geschrieben
ist es allemal und in seinen Vorschlägen folgt Mössner einer durchaus
einsichtigen Logik, die immer drängender Im Raum steht, je deutlicher die
abgewirtschafteten Grundlagen der Ökonomie der letzten Jahrzehnte zu Tage
treten.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 08. Februar 2012 2012-02-08 12:34:41