Carolin wird seit ihrem schweren Unfall immer noch künstlich beatmet. Da sie
sich selbst an den Unfall nicht erinnern kann, entfalten sich die Ereignisse,
die dazu geführt haben, beim Lesen erst allmählich. Carolin erwartet jeden Tag
ungeduldig Patrick, der ihr einziger Trost in ihrer Situation zu sein scheint.
Der Unfall selbst interessiert Carolin offenbar kaum. Erzählt wird Carolins
Geschichte von einem neutralen Erzähler, in sachlichen Protokollnotizen ihrer
Freundin Sinah und durch den Mailverkehr zwischen Patrick und seinem New Yorker
Freund John.
Patrick Melkert hatte als Lehramtspraktikant an Carolins Schule die
Theatergruppe übernommen. Mit dem frisch gebackenen Schauspieler, gerade aus
New York zurückgekehrt, zieht frischer Wind bei den Theaterspielern ein.
Patrick entscheidet sich für ein anderes Stück als die Deutschlehrerin
ausgesucht hat. Er legt Wert darauf, dass alle Schüler sich um Theater-Rollen
bewerben können, nicht nur Platzhirsche wie Carolin, die schon immer die
Hauptrollen spielten. Carolin, für die Theaterspielen der einzige Halt im Leben
ist, fühlt sich von Patricks charmant-burschikoser Art tief getroffen. Die
Schülerin lebt mit ihrem Vater allein in einer Welt aus Design-Objekten; ihre
Mutter hat Mann und Tochter verlassen. Carolins Vater ließ bei ihren häufigen
Umzügen jedesmal alles hinter sich und richtete am neuen Wohnort die Wohnung
komplett neu ein. Carolin hat sich dem Zigeunerleben angepasst; ihre
persönlichen Schätze passen in einen kleinen Koffer.
Trotz Carolins anfänglich heftiger Kritik an Patrick verliebt sie sich heftig
in den jungen Lehrer. Falls Sinah ihr glauben kann, erwidert Patrick diese
Liebe. In Sinahs Protokollen ist eine wachsende Distanz zu Carolin zu spüren.
Ganz abgesehen davon, dass eine Beziehung zwichen Lehrer und minderjähriger
Schülerin verboten ist, wirken Carolins Erzählungen über das junge Glück auf
Sinah zunehmend unglaubwürdig. Was Carolin angeblich mit Patrick erlebt hat,
klingt als hätte sie es aus einem Liebesroman abgeschrieben. Patricks
Mail-Austausch mit seinem Freund John führt noch einmal zu Patricks ersten
Tagen an Carolins Schule zurück. Patricks persönliche Situation als
Berufsanfänger und besonders sein Verhältnis zur älteren Kollegin Frau
Goldberg sind nicht gerade einfach. Patricks Mails an John erzeugen eine
gegenläufige Spannung, sie verzögern die Handlung um Carolin. In New York
fiebert nämlich John gerade der Abgabe seines Drehbuchs entgegen. Aus Patricks
Mails an John geht hervor, dass er auf eine geradezu unheimliche Art gestalkt
wird. Sehr wahrscheinlich ist es eine Täterin, die Zugang zu Patricks Wohnung
und zu seinem PC hat. Die komplizierte Beziehung zwischen Carolin, ihrer
Mitschülerin Meike, Patrick und seinen "Beziehungen", die
schließlich in dem schrecklichen Unfall endet, lässt die Leser der Geschichte
zunächst falschen Spuren folgen. Die Darstellung aus unterschiedlichen
Perspektiven stellt die eigene Einschätzung infrage und zwingt beim Lesen, wie
in einem Krimi Indizien zu sammeln, um der Täterin auf die Spur zu kommen.
Fazit
Wer sich an den Perspektiv- und Zeitwechseln des Jugendromans für Leser ab 13
nicht stört, wird von Patricia Mennen mit einer neuen Version einer
Schülerin-Lehrer-Schwärmerei fesselnd unterhalten.
Vorgeschlagen von Helga Buss
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veröffentlicht am 01. Februar 2012 2012-02-01 11:01:11