Friedrich - ein deutscher König (anlässlich des 300. Geburtstages Friedrichs
des Großen)
Wenn man als Laie eine Einführung in das Leben Friedrichs des Großen sucht,
der den bisherigen Forschungsstand zusammenfasst aber dennoch verständlich und
für Wissenschaftsinteressierte spannend geschrieben ist, sollte man zu diesem
Buch greifen. Neben den Biographien "Friedrich der Große" und
"Friedrich und Heinrich" von Christian Graf von Krockow sicherlich die
kompetenteste Einführung ins Thema.
Die Widersprüche des Monarchen werden nicht geleugnet. Neu für mich war eher,
dass Unger in der Expansionspolitik Friedrichs keinen Widerspruch zur
Außenpolitik seines Vaters, Friedrich Wilhelms I., des
"Soldatenkönigs", erblickt. Der Vater baute die Armee auf und gab 85%
des Staatshaushaltes für die Armee aus, die er aber nie benutzte. Doch in
seinem politischen Testament trug Friedrich Wilhelm I. seinen Nachfolgern auf,
die Territorien Preußens zu erweitern und die weit auseinander liegenden
Länder West- und Ostpreußens zusammenzuführen. Insofern hat Friedrich der
Große lediglich den Willen seines Vaters erfüllt, während der Vater, der
häufig als "Preußens größter innerer König" bezeichnet wird, eine
defensive Außenpolitik führte, weil er sah, dass Preußen keine Groß-,
sondern eine Mittelmacht gewesen ist. Deutlich arbeitet Unger auch das Weltbild
des Monarchen heraus, der sich - im Gegensatz zu Ludwig XIV. von Frankreich -
als "Diener des Staates" gesehen hat. Dass er am absoluten Königtum,
welches für ihn aber nicht - im Gegensatz zum Vater - mit Gottesgnadentum im
Sinne des Absolutismus zu erklären war, sondern sich nur dadurch rechtfertigte,
dass der König sich durch besondere Leistungen für sein Amt zu
"legitimieren" hatte, wird deutlich. Dass sich Friedrich nicht daran
hielt, wird an der Justizaffäre des Müllers Arnold verdeutlicht, bei der
Friedrich sich als absoluter Monarch über das Recht setzte und den
Justizminister entließ, obwohl er in der Sache im Unrecht war. Ein Königtum
der Widersprüche, wie an dieser Stelle deutlich wird.
Besonders faszinierend an dieser Biographie sind die Exkurse, etwa über die
Preußische Armee, die Sozialstruktur Preußens, die Stellung von Bauern und
Junkern, das Hofleben oder eine Übersicht über die Nachbarländer zur Zeit
Friedrichs des Großen, also Frankreichs, Rußlands und Österreichs. Der Leser
erfährt also nicht nur etwas über Friedrich den Großen selber, sondern eben
auch etwas über das Land und die Zeit, in welcher Friedrich lebte und die seine
Wertvorstellungen geprägt und sein Handeln bestimmt hat.
War Friedrich ein "deutscher König?" Diese These Ungers kann mich
nicht überzeugen. Wie Unger selber herausstellt, fühlte sich Friedrich nicht
als "Deutscher", er war Preuße. Kleindeutsche Staatenpolitik
dominierte das 18. Jahrhundert, man lebte in Bayern, Preußen, Hannover etc.
Dennoch steht Friedrich natürlich in der Tradition der "deutschen"
Könige, denn selten hat ein König so - und sei es als Mythos - die Deutschen
geprägt.
Fazit
Eine Biographie für Wissenschaftsinteressierte und Laien, die nichts
"Neues" bringt, für die Einführung ins Thema aber hervorragend
geeignet ist. Wer wissenscahftlich tiefer gehen möchte, sollte zu der neuesten
wissenschaftlichen Friedrich-Biographie von Johannes Kunisch greifen.
Ein sehr lesenswertes Buch!
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
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veröffentlicht am 22. Januar 2012 2012-01-22 15:21:25