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Benjamin Stein: Replay

Replay

von Benjamin Stein
Verlag: Verlag C. H. Beck [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-406-63005-7

Preis: 17,95 Euro bei Amazon.de [Stand: 22. Dezember 2024]
Die mögliche Zukunft des Social Networking

Ed Rosen ist IT-Fachmann und ein sehr begabter, keine Frage. Und Professor Matana mit seiner Firma genau der richtige Mentor für den, vom Leben auch ein wenig geschlagenen Mann. Denn eines seiner Augen hängt schief in der Augenhöhle. Nutzlos. Was ihn nicht hindert, mit der wunderbaren und attraktiven Katelyn ein intensives Verhältnis zu beginnen. Und was ihn dafür prädestiniert, ein neues Implantat der "Corporation" zu erproben, ein künstliches Auge auf Smartphone-Basis.

Ein Auge, das Ed Rosen intensiv weiterentwickelt. Ein Sender tritt hinzu, mit dem das, was er über dieses Auge sieht, abgespeichert werden kann. Der Durchbruch aber ist die Entwicklung einer Zwei-Wege Kommunikation des Auges. So dass es möglich wird, Gesehenes, Erlebtes, sich wieder und wieder "vor Augen" zu führen (Replay). Dass die Technik hierbei nicht stehen bleibt, dass digitale Welten plötzlich direkt (im Kopf) zur Verfügung stehen und dass immer mehr Menschen dieses Implantat für sich erwerben, das ist die logische Folge. Nicht unbedingt logisch aber ist es, dass es für das Gerät keinen Ausschalter gibt. Oder, wenn doch, dann nur für ganz wenige Träger des Implantats. Mit ungeahnten Folgen für die "freie" Gesellschaft. Die völlig transparent nun wird. Eine Transparenz, die nicht jeder, auch nicht jede der Hauptfiguren, auf Dauer erträglich finden wird.

All dies sind Ereignisse und Entwicklungen, die der Leser im gesamten Buch allein aus der inneren Perspektive des Protagonisten heraus erfährt. Eine Form von äußerer, erzählter Geschichte oder ein Wechsel der Perspektiven tauchen im Rahmen der 170 Seiten des Buches nicht auf. Eine Geschichte, die von Rosen im Buch zudem, was zu Beginn nicht ganz deutlich wird, im Rückblick erzählt. Eine Geschichte, in der Pan mit seinem Ziegenunterleib eine gehörige, durchaus "gehörnte" Rolle spielen wird. Eine Bedeutung, die Stein geschickt einfließen lässt und dem Leser erst spät im Buch eröffnen wird.

Die Wahl dieser Perspektive ermöglicht es, gemeinsam mit der hervorragenden sprachlichen Qualität des Buches, dem Leser, intensiv und hautnah beschrieben in die Erlebnisdichte und Erlebniswelt Rosens einzutreten. Gerade die erotischen Komponenten im Buch tauchen so in lebhafte Farben. Stein allerdings gelingt es, trotz aller Deutlichkeit der Beschreibungen, gerade diese Sequenzen tatsächlich im erotischen statt im platt-sexuellen Bereich zu halten. Und immer gelingt es Stein, einen doppelten Boden zu ziehen, Bilder hinter Bildern auftauchen zu lassen und damit durchaus eine verwirrend-interessante Atmosphäre herzustellen. So zieht sich ein Schachspiel im Buch beileibe nicht nur über die Felder des Brettes, sondern in Doppeldeutigkeit auch in Erlebniswelten der Protagonisten herein und, wie im gesamten Buch, darüber hinaus in Grundfragen gesellschaftlichen Seins. Grundfragen, zu deren Erörterung Stein auch Julian Assange im Buch einen Platz zuweist. Allerdings, auch dies wieder fordert das eigene Reflektieren des Lesers, beileibe nicht in einfachen Schwarz-Weiß Schemata dargestellt.

Alle Wege aller Figuren im Umgang mit der "neuen Technik" und den daraus folgenden inneren Erlebniswelten sind für sich verständlich und trotz der völlig gegenteiligen Konsequenzen für jede der Figuren nachvollziehbar. Was eine eigene Positionierung des Lesers letztlich erfordern wird. Soweit Realität und Replay noch auseinander gehalten werden können, denn nicht immer wirken die Handlungen und Folgen im Buch ganz logisch, gerade zum Ende hin nicht. Und nicht völlig transparent, was sicher auch ganz gut so ist.
Fazit
Benjamin Stein legt eine "Reise nach Innen" vor, in der er fiktiv die Digitalisierung der Welt weiterdenkt und differenziert bildreich an seiner Hauptperson aufzeigt, welche inneren Entwicklungen eine zunehmende Transparenz nach sich ziehen kann (und fast logisch wird). Sprachlich wunderbar umgesetzt und daher gut zu lesen ist dies ein interessantes Thema für die Haltung und die Folgen immer stärkerer und fast vollständiger Digitalisierung der Welt.
8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne8 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 21. Januar 2012

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