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Viktor Timtschenko: Putin und das neue Russland

Putin und das neue Russland

von Viktor Timtschenko
Verlag: Diederichs [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Biografie
ISBN-13 978-3-7205-2460-5

Preis: 17,10 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. November 2024]
Sehr gespannt war ich auf die neue Biographie über den russischen Präsidenten Putin, nachdem ich bisher alle erschienenen Putin-Biographien gelesen hatte. Ich muss leider sagen, dass diese Biographie die bei weitem schlechteste ist. Sie steckt voller Lobhudelei und die Denkeinstellungen und Grundhaltungen des Präsidenten, seine Prägungen werden nicht deutlich. Hatte Alexander Rahr in seíner meisterhaften Biographie diese Leistung vollbracht und verdeutlicht, dass Putin sowohl von Sobtschak, dem früh verstorbenen Bürgermeister von St. Petersburg als auch vom KGB und dessen Geheimdienstmentalität geprägt worden ist, so zeigte Wolfgang Seiffert ansatzweise ein Programm des zu jener Zeit gerade ins Amt gekommenen Staatschefs auf. Wie hat sich Putin seitdem entwickelt und auf wen stützt er sich? Zwar gibt es kurze Überblicke über die Mannschaft des Präsidenten. Johannes Voswinkel hat jedoch treffend in der Literaturbeilage der "Zeit" erklärt: "Treffende Details und ausrecherchierte neue Erkenntnisse sind selten. Das wäre zu verschmerzen, wenn die Analyse tiefer ginge und die Vielfalt der Information eine bessere Einordnung erführe." Dies stimmt genau und so empfinde ich es auch. Es fehlt jede Art von Struktur und Putin wird lediglich positiv als Stabilisator Russlands dargestellt. Dass es unter dem Präsidenten auch negative Entwicklungen gegeben hat, wie sie Voswinkel unter dem treffenden Titel: "Demokratur, putinesisch" kürzlich in der Wochenzeitung "Die Zeit" vom 25. September 2003 zutreffend schilderte, nämlich die Rückkehr zu einer Diktatur durch rücksichtslose Kontrolle der Medien, Einschüchterung und Entlassung politischer Gegner, Führung eines grausamen Krieges in Tschetschenien, die Forcierung der Unterordnung der Gesellschaft unter den Staat - welche das Rückgängigmachen der demokratischen Anfangsreformen Gorbatschows bedeutet - wird schlicht ignoriert, der "Staatsmann Machiavelli" (S. 320) völlig unkritisch gefeiert. Ich habe mich gefragt: hat Putin diese Biographie bestellt? Handelt es sich bei dem Autor, er ist Journalist und Wirtschaftswissenschaftler, um einen Freund des Präsidenten? Wie auch immer: trotz der Darstellung - eine tiefergehende Analyse fehlt - außen- und innenpolitischer Entwicklungen fragt man sich am Ende ratlos: Wer ist Putin? Wie Wolfgang Leonhardt in seinem Buch: "Was haben wir von Putin zu erwarten?" korrekt schreibt, bleibt Putin ein Rätsel. Die Politologin Irina Scherbakowa sprach es aus: "Und Putin ist...ein großes Fragezeichen..." und der Feststellung von Gerhard Wettig, es seien keine zivilgesellschaftlichen Strukturen entstanden, gilt heute nach wie vor. Rußland ist nach wie vor eine "nichtzivile Gesellschaft" (Sonja Margolina) und Putin ist nicht gewillt, daran etwas zu ändern. Natürlich war das Bedürfnis nach "Ordnung" und "Stabilität" nach Jelzin, wie zahlreiche Untersuchungen zeigten, besonders stark ausgeprägt und Putins Erfolgsgeheimnis scheint zu sein, dass er diesen diffusen Erwartungen gerecht wird. Doch über solche Fragen denkt Timoschenko nicht nach, das Wort "Zivilgesellschaft" findet sich vergebens. Auch eine gute Darstellung über die Außenpolitik und die ausführlich geschilderte Hinwendung des Pragmatikers Putin zu den USA nach den Terroranschlägen des 11. September machen diese Versäumnisse nicht wett. Der rote Faden fehlt meiner Meinung nach völlig. Voswinkel schreibt völlig zu recht: "Ich vermute, wir kennen Putin noch gar nicht", schreibt Timtschenko. Leider fügt sein Buch dem, was wir wissen, wenig Neues hinzu." Dem stimme ich vollkommen zu. Wer ist Putin? Dieser Frage kommt die vorliegende Biographie nicht näher. Wer hierüber näher Auskunft haben möchte, sollte die oben genannten Putin-Biographien von Alexander Rahr und Wolfgang Seiffert und den erwähnten Band von Leonhard: "Was haben wir von Putin zu erwarten?" lesen, die - obwohl bereits zwei Jahre alt - bis heute zum besten gehören, was über das Russland Putins geschrieben wurde. Wer darüber hinaus noch detaillierte Informationen über Russland unter Putin benötigt, ist am besten mit dem 2001 erschienenen Sammelband: "Russland unter neuer Führung: Politik, Wirtschaft und Gesellschaft am Beginn des 21. Jahrhunderts" aus dem Agenda-Verlag Münster bedient.
Fazit
Leider nur eine mittelmäßige Biographie.
3 Sterne3 Sterne3 Sterne3 Sterne3 Sterne3 Sterne3 Sterne3 Sterne3 Sterne3 Sterne

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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 29. September 2003

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