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Bernd Heiter, Wolfgang Heuer, Stefanie Rosenmüller: Arendt Handbuch

Arendt Handbuch

von Bernd Heiter, Wolfgang Heuer, Stefanie Rosenmüller
Verlag: J.B. Metzler Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Philosophie
ISBN-13 978-3-476-02255-4

Preis: 109,99 Euro bei Amazon.de [Stand: 22. November 2024]
Umfassende Werkschau samt Rezeptionsgeschichte

Zeit wurde es durchaus für diese umfassende Werkschau und den fundierten Blick auf die Wirkung des Werkes der Hannah Arendt, eine der profilierten und einflussreichsten philosophisch-politischen Denkerinnen der jüngeren Zeit der europäischen Geistesgeschichte.

Eine Frau, deren Schriften in der Thematik breit und umfassend gefächert vorliegen. So breit und umfassend, teils auch in innerer Entwicklung sich verändernd, dass es sicherlich, wie auch die Herausgeber betonen, kaum möglich ist, das Werk in systematischer Geschlossenheit darzubieten. Von Beginn an zollen die Herausgeber und Autoren des Handbuches der offenen und dialogischen Form des Denkens (und Schreibens) von Hannah Arendt Rechnung. Eine offene Form, die sich in den vielfältigen Ansätzen und den diversen, individuellen Perspektiven der Beiträge im Buch niederschlägt. Bei der Darstellung bezieht sich das Handbuch dabei grundlegend nur auf von Arendt selbst autorisierten Publikationen. Eine technische Vorgehensweise, die sich eng an die Intentionen von Hannah Arendt hält und als Grundlage eines Handbuches gerade im Blick auf die immense Breite des "sich zu Worte Meldens" der Hannah Arendt durchaus Sinn macht.

Wichtig zu betonen ist, dass das Handbuch in bester Form gerade jene kritische Auseinandersetzung aufnimmt, welche Hannah Arendts Denken wohl maßgeblich geprägt hat. Die, durch ihre Flucht aus Deutschland bedingte, Auseinandersetzung und Reflektion mit anderen philosophischen und politisch-theoretischen Ansätzen. Eine Auseinandersetzung, die sich in der Zweisprachigkeit des Werkes von Arendt niederschlägt und hier durchaus die jeweiligen Denkstrukturen und Diskurse beider "Welten" nachzeichnet und weiterführt. Ein Wechsel in den "Denkwegen" deutscher und englischer Traditionen.

Im Aufbau wirft das Buch zunächst einen knappen Blick auf die biografischen Stationen des Lebens von Hannah Arendt und bietet sodann in breiter Form eine differenzierte und detaillierte Darstellung der Werke und Werkgruppen. Dies, wie im gesamten Aufbau des Handbuches, dem chronologischen Faden folgend, beginnend mit frühen Schriften (der Liebesbegriff bei Augustin) über die Auseinandersetzung mit dem Totalitarismus zunächst mündend in die "Denkwege einer Politischen Theorie" samt der bekannten und gründlichen Aufarbeitung der Gedanken von Karl Marx. Aus diesen grundlegenden Elementen für das Denken Hannah Arendts entfalten sich die Essenzen ihrer Erkenntnisse in die kritische reflektierende "Begleitung" der (nicht nur amerikanischen) Republik mitsamt den mahnenden Blicken auf die "Lüge in der Politik" und die innerliche Begründung für einen immer gerechtfertigten "Zivilen Ungehorsam".
Betrachtungen des Spätwerkes "Vom Leben des Geistes" und "Das Urteilen" runden, mitsamt einer ausführlichen Darstellung wesentlicher Briefwechsel (u.a. mit Heidegger, Jaspers, Johnson) diesen breiten Hauptteil des Handbuches ab.

Die innere Entwicklung Hannah Arendts und die Einordnung ihrer Denkgebäude in das "große Ganze" der Philosophie, Literatur und politischen Theorie zeichnet der dritte Hauptteil des Handbuches nach. Vielfältige innere "Konstellationen" breiten sich vor dem Leser in der kritischen Reflektion Hannah Arendts der Werke anderer aus. Von den antiken "Größen" wie Platon, Aristoteles, Cicero und anderen über Augustin, Macchiavelli, Hobbes und Rousseau bis hin zu Kant, Burke und Hegel wird die Rezeption der klassischen philosophischen Systeme dargestellt, Marx, Nietzsche, Luxemburg, aber auch Rilke und Kafka stehen wie Jaspers und Brecht für die Auseinandersetzung mit gegenwartsbezogenen philosophisch-politischen Denksystemen und literarischen Verarbeitungen. In diesem dritten Hauptteil, im übrigen sehr gut zu lesen und knapp und präzise jeweils dargestellt, breitet sich die ganze Fülle der Verwurzelungen von Hannah Arendt aus, die in ganz eigener Form dann als Synthese durch Arendt in das eigene Denken und die eigenen Ansätze transformiert wurden.

Eine Synthese, welche der vierte Hauptteil des Buches unter der Überschrift "Begriffe und Konzepte" ausführlich in den Blick nimmt, in fast ausufernder Vielfalt ordnet und in sehr knapper Form fast lexikalisch erläutert.

Die Rezeption des Werkes bildet den abschließenden fünften Hauptteil des Handbuches. Dieser vertieft noch einmal den gewonnen Eindruck, dass von der Politik über die Dichtung bis hin zu Feminismus und Globalisierung die Gedanken Hannah Arendts in jeden wesentlichen Teil des öffentlichen Lebens Eingang gefunden und Einfluss genommen haben.

Das Handbuch bietet in seinem strukturierten Aufbau, trotzdem es die Offenheit und dialogische Verfasstheit des Denkens von Hannah Arendt nirgends schmälert, einen doch hervorragend systematischen Blick auf die Breite und die Tiefe des Werkes. Die Arbeit in dialogischer, offener, oft auch fragmentarischer Form, die Hannah Arendts Stil prägt als ein "Denken ohne Geländer", erhält hier zumindest eine grobe Einrahmung, die eine Orientierung des Lesers wesentliche vereinfacht.
Fazit
Das Handbuch ist ebenso eine Bereicherung für jeden Leser, der sich mit der neueren Denkgeschichte an, mit und durch die Person Hannah Arendts vertraut machen möchte, wie für reinweg vielleicht nur an Hannah Arendt selbst interessierte Leser. Es bietet einen profunden Einblick in den Ansatz von Pluralität des Handelns und Urteilens, für die Arendt grundlegend stand und in der sie den "Garanten einer Weltverbundenheit" gesehen hat.
10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne10 Sterne

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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 04. Januar 2012

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