Die Bedeutung der gesprochenen Alltagssprache wurde lange Zeit unterschätzt.
Ihre Bedeutung nimmt neuerdings auch in Zeitungen und in der Literatur zu, die
lange Zeit der Schriftsprache vorbehalten waren. Berücksichtigt wurde auch die
nonverbale Kommunikation. Für die neue Auflage wurden wieder neue
Forschungsergebnisse einbezogen.
Struktur:
- Transkriptionszeichen (in Anlehnung an das Gesprächsanalytische
Transkriptionssystem 2/GAT 2)
- Einführung
- Definition der "gesprochenen Sprache"
- Grundsätzliche Unterschiede zwischen gesprochener und geschriebener
Sprache
- Laute und Silben
- Prosodie
- Äußerungseinheiten
- Syntaktische Kategorien
- Lexik, Wortsemantik, Modalität
- Formulierungsverfahren
- Textformen
- Lachen, Weinen, Seufzen und andere nicht-sprachliche Geräusche
- Einführung in die nonverbale Kommunikation
- Textsammlungen (gedruckt oder im Internet)
- Sehr ausführliches Literaturverzeichnis
- Ausführliches Sachregister
- Autorenregister
Der Schriftgrad und -typ ist sehr angenehm zu lesen. Wichtiges ist fett
gedruckt, unterstrichen bzw. kursiv. Dadurch wirkt der Text allerdings
überladen. Eine Reduktion der Schriftformen um 1 - 2 Varianten wäre
wünschenswert. Für die Zielgruppe ist der Text verständlich, Studierenden ist
die Lektüre allerdings erst nach dem Grundstudium bzw. der Studieneingangs- und
-orientierungsphase zu empfehlen. Es werden alle Aspekte bei einfachen
Strukturen beginnend bis hin zu komplexen behandelt.
Hingewiesen wird auch darauf, dass es neben der gesprochenen und geschriebenen
Sprache auch die Gebärdensprache gibt und dass es keine scharfe Trennung
zwischen der gesprochenen und geschriebenen Sprache gibt. Im Deutschen haben die
gesprochene und geschriebene Sprache viele grundlegende Strukturen und Regeln
gemeinsam, in der gesprochenen Sprache gibt es allerdings weniger Zeit zur
Planung des Textes, die Sprache ist einfacher, weniger normiert und die
Variabilität ist höher. Neu für mich war der Hinweis auf die
"hyperkorrekte Sprache" unter sozialen AufsteigerInnen, die von den
normgerecht Sprechenden verspottet und als Mittel für die Ausgrenzung des
betroffenen Personenkreises dient.
Anmerkung zum Konjunktiv: In Österreich wird der Konjunktiv auch in der
gesprochenen Sprache wesentlich häufiger verwendet (in Wien ca. 5 Formen für
"ich täte") als in Deutschland, wo er auch in der geschriebenen
Sprache (etwa in der Korrespondenz) unerwünscht ist und Monika Hoffmann
beschrieb in ihrem Buch "Überqualifiziert" (Bw-Verlag 2003) einen
Aussiedler aus Russland, der dadurch auffiel, dass er die Konjunktive richtig
setzt.
Fazit
Zielgruppe sind in erster Linie Studierende der Germanistik, aber auch fertige
GermanistInnen inkl. der Spezialisierung Deutsch als Fremdsprache, Studierende
und AbsolventInnen der Sprachwissenschaft, Literaturwissenschaft, Psychologie,
Soziologie, Ethnographie, Medienwissenschaften, Politologie und Geschichte (Oral
History). Für Studierende ist der Band allerdings erst ab dem Hauptstudium des
Bachelor-, Diplom- und Magisterstudiums geeignet, da der Stoff der
Einführungsveranstaltungen der Germanistik, vor allem der germanistischen
Sprachwissenschaft, erforderlich ist. Für Studierende des Grundstudiums bzw.
der Studieneingangs- und -orientierungsphase ist er wegen mangelnder
Vorkenntnisse zu schwierig.
Positiv hervorzuheben sind die Zusammenfassungen im Text. Der Band erfüllt
daher seinen Zweck voll und ganz. Die Qualität des Bandes sieht man schon
daran, dass er innerhalb von 14 Jahren zum 4. Mal neu aufgelegt wurde. Der Band
bietet auch Anregungen für Studierende und AbsolventInnen anderer
philologischer Fächern. Der Band ist daher für den am Themenkreis
interessierten Personenkreis mit Grundkenntnissen der germanistischen
Sprachwissenschaft unbedingt zu empfehlen. (Eine mögliche Einführung ist Karl
Dieter Bünting, Einführung in die Linguistik)
Vorgeschlagen von Brigitte Ecker
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veröffentlicht am 11. Dezember 2011 2011-12-11 22:36:10