Mit seinen Jack-Ryan-Romanen avancierte der Amerikaner Tom Clancy in den 90ern
zu einem der populärsten und erfolgreichste Autoren der Gegenwart. Neben
Verfilmungen seiner Werke waren es in den letzten Jahren vor allem Videospiele
oder Romane, die auf diesen Spielen basierten, die den Namen Clancy in die
Öffentlichkeit brachten. Auf neuen Romanstoff musste man lange Warten. Clancy
war schwer erkrankt und es war lange fraglich, ob er seine Autorenkarriere
überhaupt fortsetzen konnte. Umso größer die Erleichterung bei seinen Lesern,
als es hieß, dass nun doch ein weiterer Jack-Ryan-Roman das Licht der Welt
erblickt. Leider muss man nach der Lektüre des über 1000 Seiten starken Werkes
sagen, dass sich das Warten nicht gelohnt hat. Überhaupt muss die Frage erlaubt
sein, wie viel von Tom Clancy wirklich in diesem Roman steckt.
Zum Inhalt: Der amtierende US-Präsident Kealty, Nachfolger von Jack Ryan,
scheint dem Kampf gegen den Terrorismus keine große Bedeutung mehr
einzuräumen. Und so kann der Emir, ein global agierender Terrorist, weltweit
Anschläge verüben. Er plant weitere Angriffe auf die USA, die die Anschläge
vom 11. September noch in den Schatten stellen sollen. Da kommt es gerade recht,
dass eine Spezialeinheit namens Campus sich an die Fersen des Emir heftet. Eine
Einheit, in der man bekannte Figuren wie John Clark oder Ding Chavez trifft.
Aber auch einen anderen Namen, nämlich Jack Ryan jr. den Sohn des ehemaligen
Präsidenten. Gemeinsam bekommen sie den Auftrag den Emir zu stellen - ohne
Rücksicht auf Verluste.
Wer die früheren Romane kennt, weiß das Tom Clancy schon immer sehr
amerikanisch geschrieben und eine eher strikte Schwarz-Weiß-Zeichnung seiner
Figuren bevorzugt hat. Trotzdem ist es ihm mit Werken wie "Der
Schattenkrieg" oder "Befehl von oben" gelungen, echte Highlights
des von ihm mitbegründeten High-Tech-Thrillers zu erschaffen. Davon ist
"Dead or Alive" leider meilenweit entfernt. Der Roman bietet 1000
Seiten gepflegte Langeweile. Erst nach gute der Hälfte (!) des Buches kommt
überhaupt etwas wie Spannung auf und die Handlung in Gang. Bis dahin muss man
sich durch politische Ansichten und Fachbegriffe aus dem Militär kämpfen.
Natürlich sind dies Stilmittel, die Tom Clancy schon früher benutzt hat. Doch
trotz dieser Mittel ist es ihm damals gelungen, spannende Thriller zu schreiben.
Wer im inneren des Buches über den Namen Grant Blackwood stolpert und etwas
weiter recherchiert, wird schnell erkennen, dass Tom Clancy hier mit einem
Co-Autor gearbeitet hat. In Anbetracht seines Gesundheitszustandes liegt hier
durchaus der Verdacht nahe, dass Clancy vielleicht Ideengeber war, der Roman
aber nur unter seinem Namen veröffentlicht wurde, um das Geschäft anzukurbeln.
Dafür spricht auch die Tatsache, dass in den USA bereits zwei weitere
Clancy-Romane veröffentlicht wurden, die mit Hilfe eines Co-Autoren entstanden
sind.
Leider hat sich Tom Clancy mit diesem Werk keinen Gefallen getan. Wo früher
politische Spannungsbögen und Winkelzüge den Reiz seiner Geschichten
ausmachten, ist hier nur noch ein schablonenhafter Gut-gegen-Böse-Thriller
übrig geblieben, der der Marke Clancy und der Figur Jack Ryan nicht gerecht
wird.
Fazit
Wer hofft, dass Tom Clancy mit "Dead or Alive" an frühere Perlen
seines Schaffens anschließen kann, wird von diesem Roman eher enttäuscht sein.
Das lange Warten auf einen neues Abenteuer von Jack Ryan hat sich leider nicht
gelohnt.
Vorgeschlagen von Michael Krause
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veröffentlicht am 26. November 2011 2011-11-26 14:35:44