Der Hartzer - eine vielfältige Spezies. Robert Naumann, seines Zeichens
Beschäftigter einer Agentur - wie seine Antwort lautete, wenn man ihn nach
seinem Beruf fragen würde - ist Langzeitarbeitsloser und als solcher in
ständigem Kontakt mit der Agentur für Arbeit, die man früher noch schlicht
als Arbeitsamt bezeichnete.
Hier in diesem JobCenter im Zimmer 211 wartet seine PAP (persönliche
Ansprechpartnerin) Frau Streputat auf ihn, die sein Leben nun mit
vertrauensvollen Gesprächen und sachdienlichen Hinweisen begleiten wird. Vorbei
das lockere Vorbeischau'n beim Arbeitsamt, um sich den Stempel zur Auszahlung
der Sozialleistung abzuholen. Jetzt ist vierteljährliches Erscheinen
vorgeschrieben, dazu die Vorlage von mindestens vier bis acht schriftlichen
Bewerbungsbemühungen. Anderenfalls wird diskussionslos eine Kürzung der
Bezüge vorgenommen, vor der auch stimmungsaufhellende Geschenke wie Blumen und
Pralinen nicht schützen können.
Welche Unzahl von Klippen muss ein überzeugter Arbeitsloser, ein Hartz-Vierer,
der mit Leib und Seele zu dieser Position in der Gesellschaft steht,
überwinden, um nicht einem geregelten Job zum Opfer zu fallen. Welche
wohldurchdachten Gründe müssen angeführt werden, damit man seiner Parole
"Stütze statt Stelle" treu bleiben kann. Hier sind Humor, Fantasie,
Mut und Enthusiasmus gefragt, die sich in den kleinen Geschichten aus dem Leben
des "Sozialschützlings" widerspiegeln.
Fazit
Robert Naumanns Buch befindet sich auf einer Gratwanderung. Es ist sowohl
Bericht als auch Persiflage, macht traurig und amusiert, informiert zwischen den
Zeilen und trägt an anderer Stelle reichlich kräftig auf. Die Leserschaft, der
sich das Buch präsentiert, ist groß und reicht vom Betroffenen bis zum
Verkannten, unrechtmässig Persiflierten, und ebenso unterschiedlich werden die
Reaktionen sein, eine breit gefächerte Palette zwischen Empörung, Beschämung
und Erheiterung. Vielleicht sollte ein gutes Buch so sein - sollte in Jedem
etwas ansprechen und seine Stellungnahme herausfordern. Wenn die Reihe von
kleinen Geschichten die Leser auf diese Art erreicht, hat sie vielleicht das
getan, was der Schriftsteller erwartete.
Vorgeschlagen von brillenbaby
[Profil]
veröffentlicht am 26. November 2011 2011-11-26 18:02:17