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Martha Grimes: Die Nacht des Veerfolgers

Die Nacht des Veerfolgers

von Martha Grimes
Verlag: Goldmann Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Belletristik
ISBN-13 978-3-442-31126-2

Preis: 6,95 Euro bei Amazon.de [Stand: 20. November 2024]
Die Fortsetzung für das "Mädchens ohne Namen"

Nach den Ereignissen des Vorgängerbuches in Santa Fe trifft der Leser nun "Das Mädchen ohne Namen" (und ohne irgendwelche Erinnerungen ihres Lebens an die Zeit von vor zwei Jahren), das sich selbst "Andi Oliver" nennt, in der tiefsten Provinz in North Dakota wieder. "Für Jared bedeutete Erinnerung nichts oder fast nichts. Für sie bedeutete es alles". Andi Oliver ist schlicht und einfach auf der Suche nach sich selbst, hält sich für sich, ist auf dem Weg nach Alaska, um dort vielleicht mehr zu erfahren über sich selbst.

Ein Weg, der diesen Umweg nach "Kingdom" in North Dakota mit einschließt. Ein Weg, das zeigt bereits der Anfang des Buches, den Martha Grimes durchaus routiniert, aber sehr breit zu gestalten gedenkt. Sicher ist das Buch in der Sprache flüssig zu lesen, in den Jahren als erfolgreiche Schriftstellerin verstand es Grimes schon immer, mit klarer Sprache und einfachen Worten ihre Personen zu skizzieren und eine Handlung voran zu bringen.

Hier aber muss konstatiert werden, dass einfach sehr wenig, letztlich zu wenig passiert. Und das im ganzen Buch. Am ehesten könnte man sagen, dass Andi Oliver ihrer Liebe zu Tieren intensiv nachgeht. So misstrauisch (zu Recht aus ihren Erfahrungen heraus) sie Menschen gegenüber ist, so intensiv wendet sie sich emotional vor allem der "geschundenen Kreatur" zu. Und der Esel, den sie zu Beginn des Buches aus untragbaren Zuständen heraus befreit ist dabei nur das erste Tier, mit dem sie ihren aktuellen Weg verbindet und da zu einer durchaus klar erkennbaren Kritik an Massentierhaltung im Buch noch führen wird.

Das demgegenüber viele der Menschen (hier die Bewohner Kingdoms) zumindest oberflächlich und dumpf ihrem Alltag nachgehen und außer anzüglichen Witzen wenig zu bieten haben, oder eben direkt zudringlich werden (auch dies symbolisch für das Buch geschieht direkt zu Beginn und wird als roter Faden weiterhin durch die Seiten laufen) ist der Gegenpol zu Andi Oliver und jenen, mit denen sie sich anfreundet. Was Wunder, dass sie zunächst als Hilfe auf einer Ranch beginnt bei einem Mann, dem sie vertraut und unter Tieren, denen sie sich zuwenden kann. Immer mit einem Blick auf den selbsternannten "Boss" des Ortes und seine für Andi letztendlich unerträgliche Art, mit Tieren umzugehen.

Doch die Vergangenheit, die Andi selber ja nicht kennt, holt sie auch in diesem vergessenen Provinznest wieder ein. Ein Fremder taucht auf und stellt Fragen zu Ereignissen aus der Vergangenheit, auf die Andi keine Antwort weiß. Was den Fremden nicht sonderlich zufrieden stellt. Doch dieser Teil der Geschichte, der ein wenig Spannung verspricht, aus dem heraus das Geheimnis um die Vergangenheit des Mädchens zumindest ein wenig dramatisch in den Raum treten könnte, gerät leider im Buch etwas zu kurz (ein Hinweis vielleicht auf eine weitere, geplante Fortsetzung). Der Tierschutz, das leidenschaftliche sich einsetzen für "humane" Lebensbedingungen für Tiere und einen wertschätzenden Umgang mit diesen demgegenüber nimmt im Buch breiten Raum ist und ist jener Strang der Geschichte, der hier und da für tatsächliche Gefahr für Andi sorgt. Leider aber ist dieses Thema und die gewählte, einfache Erzählform nicht ausreichend genug, um dauerhaft die Spannungs- und Entwicklungskurve der Geschichte hoch zu halten. Zu stereotyp sind hier allein schon die Figuren gestaltet. Fast ist bereits nach den ersten Begegnungen in der kleinen Stadt klar, wie die Geschichte weiter verlaufen wird, wer Freund, wer Feind ist, wer als dumpfer Jugendlicher keine Ruhe gehen wird und wer als "schwarzer Reiter" die größte Bedrohung darstellt.

Alles in allem hat die Figur der Andi Oliver durchaus das Potential für eine interessante "Selbstfindungsreise" in die eigenen, unbekannte Vergangenheit, erschöpft sich aber in diesem Roman zu sehr in den (sicher wichtigen, aber eben nicht sonderlich spannungstragenden) Ereignissen um einen schlechten Umgang mit Tieren in vielfacher Form.
Fazit
Wer Martha Grimes vor allem als Autorin intelligenter und durchaus spannender Kriminalromane zu schätzen gelernt hat, der wird hier eher enttäuscht werden. Wer eine gradlinige Geschichte zu schätzen weiß und dem Genre des "Erinnerung verloren und auf dem Weg zu sich selbst sein" mit Interesse folgt, dem wird durchaus unterhaltsam der weitere Weg des "Mädchens ohne Gedächtnis" in dieser eher Zwischenepisode vor Augen gelegt und damit die Figur der Andi Oliver in vielen Facetten geschildert. Solide Unterhaltung ohne besondere Höhen oder Tiefen.
6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne6 Sterne
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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 24. November 2011

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