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Sabine Bode: Nachkiregskinder

Nachkiregskinder

von Sabine Bode
Verlag: Klett-Cotta Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Sachbuch
ISBN-13 978-3-608-94678-9

Preis: 2,98 Euro bei Amazon.de [Stand: 21. November 2024]
Die innere Last der 50er Jahrgänge

"Wie alle Eltern dieser Zeit brauchten sie ihre ganze Kraft für den Überlebenskampf.. Außerdem waren sie der Meinung, ein Kind zu verwöhnen sei ein kapitaler Erziehungsfehler". Denn: "in den fünfziger Jahren war die Welt noch nicht in Ordnung".

Das ist die Ausgangssituation vieler Kinder der 50er Jahre. Kinder von "Kriegsvätern", die Sabine Bode in den Mittelpunkt ihres neuen Buches, fast einer Art Dokumentation mit vielen Stimmen von Zeitzeugen, rückt. Kinder von "abwesenden" Vätern, zu denen nur ein "dünner" Kontakt herrschte, dem Familienbild, aber auch den Notwendigkeiten jener Nachkriegszeit geschuldet. Väter, die in ihrer Person, aber auch in ihrer persönlichen Geschichte, dunkle Flecken hinterlassen haben und dennoch in ihrer Art und ihrer Zeit Wirkung ausübten auf ihre Kinder. Eine oft lang anhaltende und prägende, schwierige Wirkung.

Wie ist das mit den Vätern? Waren sie Täter, Opfer oder beides? Was steckt hinter dem vielfachen Schweigen einer "gut getarnten Vergangenheit"? Eine Vergangenheit, die dennoch, indirekt, zu spüren war.

"Nachkriegskinder erinnern sich, wie viele Väter und Großväter voller Spannung steckten". Das Bild des "kettenrauchenden Mannes" ist nur eines der Symbole für diese Spannung, ein Bild, wie es in der HB Werbung der 60er Jahre aufgenommen wurde.

In ihren Büchern "Die vergessene Generation" und "Nachkriegsenkel" hat sich Sabine Rode bereits intensiv "ihrem" Thema zugewendet, konkrete Generationen in ihrer ganz eigenen Befindlichkeit, geprägt durch die Erfahrung im Krieg mit all seinen Schrecken. Seminare gibt sie zum Thema, Menschen wenden sich ihr zu, die betroffen sind. Und so entstand nun dieser intensive, von vielen Interviews und Nacherzählungen persönlicher Darstellungen getragene Blick auf jene Generation, die zwischen Reaktion und Moderne ihren Weg zu finden hatte. Die geprägt von klaren und autoritären Weltbildern (der Kinderreim über eine Lehrerin spricht hier im Buch Bände: "Die Lang, die Lang, die macht die Kinder bang) sich einem immensen Wertewechsel gerade in den 60er Jahren ausgesetzt sahen und der drängenden Frage nach der Aufarbeitung der NS Vergangenheit, die zugleich ja eine Aufarbeitung der eigenen "Väter-" und Familiengeschichte zugleich in den Raum setzte.

In breiten Betrachtungen zu Themen wie "Vätertöchter" ("Bloß keinen Mann wie meinen Vater!") oder "Söhne im Schatten", zu "Nachkriegskinderdressur" und der Suche nach der eigenen Familiengeschichte lässt Sabine Rode, sensibel bearbeitet, Menschen zu Wort kommen, die ihre Geschichte erzählen, ihre Prägungen vorlegen und auch ihr inneres Leid an den eigenen "Vätern" im Buch zu Wort kommen lassen. Zudem, und das bleibt beim Thema nicht aus, schwingt im Buch eine ganze Zeitgeschichte mit. Sabine Rode versteht es, Querverbindungen zu ziehen. Aus der Prägung und der Kriegszeit der Väter die Normen und die durchaus vorhandene Enge der Nachkriegszeit mit all ihrem Verschweigen und ihrem inneren Verdrängen lebendig werden zu lassen.

So wird Seite für Seite spürbar, wie das Trauma der Väter (eigentlich der Eltern, denn die Mütter waren ja ebenso geprägt durch jene Jahre) ohne bewusstes Zutun zum eigenen Trauma werden kann (aber nicht muss). Denn "für Trauer war keine Zeit", es musste überlebt werden.
Fazit
Sabine Rode legt mit den vielen sacht verbundenen und sensibel bearbeiteten Aussagen von Menschen der "50er Generation" ein beachtenswertes und emotional berührendes Zeitzeugnis vor. Sicherlich im Rahmen einer konkreten Zeit und einer konkreten Personengruppe, die mehr und mehr doch in der Vergangenheit liegen, aus deren Geschichte jeder aber lernen kann und damit ein Verständnis auch für Prägungen einer ganzen Generation entwickelt. Und öffnet damit einen Weg, gibt einen Anstoß, auch eine Art Lebenstrauer zulassen zu können aus einer Zeit heraus, in der solchen Emotionen zu wenig Platz gegeben wurde.
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Vorgeschlagen von Lesefreund [Profil]
veröffentlicht am 19. November 2011

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