Endzeit - Jugendroman
So ganz trifft der Titel den Inhalt des Buches nicht. Denn "das Ende der
Welt", zumindest wie wir sie aktuell kennen, ist schon eingetreten. Durch
die "große Katastrophe", welche die Welt, auch Deutschland, wo die
Geschichte des Buches angesiedelt ist, zu einem höchst unwirtlichen,
feudalistischen Ort gemacht hat. Was genau jene Katastrophe war, man erfährt es
nicht, nur soviel, dass die Beziehungen zu den Nachbarländern aufs Äußerste
immer noch angespannt sind. Eine Welt, in der fast alles zerstört wurde, was zu
Zeiten die Menschheit hervorgebracht hat.
Noch stehen Städte. Berlin. Hannover. Wolfsburg hingegen ist bereits ein
zerstörtes Ruinenfeld. Felder sind kaum mehr zu bewirtschaften, die Sonne
verborgen hinter ständig dichten Wolken und leichtem Nieselregen. Eine Welt
unterteilt in Soldaten (wichtig), Senatsbürger und "Zefs", Arbeitern,
die eher wie Sklaven ausgenommen werden.
Verschimmelte Kartoffeln, eine Form undefinierbaren Lebensmittelriegels und, als
Leckerbissen, gebratene Maulwürfe, damit ernährt sich die Bevölkerung. Eine
Welt, in der Kjell als knapp 15kähriger Soldat und Teil einer Eliteeinheit an
seine Aufgaben herangeführt werden soll. Kampf. Die Zefs im Zaum halten. Ehre
und Vaterland verteidigen.
Mit einer kleinen Einheit wird Kleff nach Berlin verlegt, als Schutz für die
anstehenden Senatswahlen. Blind gehorchend, fast hörig schaut er zu seinem
Vorgesetzten Sönn auf, liegt im Clinch mit seinem Kampfbruder Prüm (was ein
echtes Problem ist, denn nur der Tod darf Kampfbrüder trennen) und lernt in
Berlin, Ehrfurcht erstarrt, gar General Cato kennen, den überragenden Helden
eines vergangenen Krieges. Unversehens rettet er dem regierenden Kanzler das
Leben, eingesetzt eigentlich als Leibwächter dessen Tochter und braucht seine
Zeit, bis er erkennt, dass Sönn und Cato ein grausames Spiel mit ihm treiben,
ihn nur benutzen wollen, um Cato an die Macht im Staate zu hieven. Gemeinsam mit
der Tochter des Kanzlers kann Kleff fliehen und sucht einen Ausweg in den Ruinen
der ehemals blühenden Landschaften.
Eine Mischung aus Endzeitszenario (Fernseher, Flugzeuge, Handys und vieles mehr
tauchen nur mehr als Relikte einer alten Zeit auf, deren Funktion mehr erahnt
als gewusst wird und deren Anteil an einer vergangenen Welt eher wie eine
Märchen aufgefasst wird denn als echte Geschichte. Voller Humor ist jene Szene,
in der Kleff seine Verfolger mit einem alten Föhn in die Flucht schlägt. Nur
deswegen mit Erfolg, weil ihm die Verfolger blind glauben, dass dieser Föhn
eine zerstörerische Waffe darstellt.), römischer Republik (bis hin zur
Kleidung er Senatsbürger), Feudalismus (die Fabrikbesitzer, die ihre Arbeiter
bis zum letzen Auspressen), Tyrannei (Cato, der sich an die Spitze des Senats
hievt) und Hoffnungslosigkeit (Flüchtlingslager, die unter strengem Regime
einer besonderen Truppe stehen).
In dieser Welt sucht Kleff seinen Weg, wird zum Verfolgten durch das Regime und
zum Widerstandshelden wider Willen. Doch auch dieser Widerstand ist mit Vorsicht
zu genießen, Neid und Missgunst durchsetzen alle Teile der Restbevölkerung
Deutschlands.
Durchaus spannend setzt Daniel Höra diese Geschichte im Buch um und legt im
Kern einen Entwicklungsroman unter besonderen äußeren Umständen vor.
Bezeichnend ist der innere Kampf Kleffs in jenem Augenblick, als er trotz aller
äußerer Erfahrungen und Enttäuschungen durch die Bezugspersonen und Helden
seiner Kindheit und Jugend kaum gegen seine innere Prägung anzukommen vermag.
Diese innere Entwicklung ist die Grundlage des Buches, eine Entwicklung, die
durch Erfahrungen und Gefahren langsam in den Raum tritt und vor Augen führt,
wie die Zukunft (ganz leicht) auch zerstört aussehen könnte
Fazit
Ein durchaus interessant gestaltetes, anderes Jugendbuch mit einer nicht einfach
guten, sondern auch mit sich kämpfenden Hauptfigur, vielen kritischen
Anmerkungen zur Gier der Menschen und zu dem Preis, den Unachtsamkeit,
Machtsucht und Gier letztlich kosten.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 19. November 2011 2011-11-19 11:55:42