"Mirabilia Mundi" wurde er bewundernd genannt, das "Wunder der
Welt". Kaiser Otto III. (gest. 1002) hat bereits seine Zeitgenossen in
Erstaunen versetzt. Als sein Vater, Kaiser Otto II., 983 starb, war der Sohn
noch ein Kleinkind. Seine Mutter Theophanu, eine Verwandte des byzantinischen
Kaiserhauses, sorgte für eine umfassende Erziehung des Jungen und dafür, dass
er 994 die Herrschaft ungefährdet antreten konnte. Otto III. war nicht nur sehr
gelehrt (was an sich schon eine Besonderheit unter den mittelalterlichen
Herrschern im Westen darstellte), sondern hatte offenbar auch durchaus Charisma.
Der Kaiser blieb nicht ohne Erfolge, doch scheiterte seine Italienpolitik, die
bereits von Zeitgenossen kritisiert wurde.
Ekkehard Eickhoff ist ebenfalls eine gewisse Ausnahmeerscheinung unter den
Historikern. Obwohl promoviert und habilitiert, war er vor allem als nicht
unwichtiger deutscher Diplomat tätig. Seine historischen Abhandlungen richten
sich an ein breiteres Publikum, sind aber wissenschaftlich fundiert - und vor
allem sehr gut geschrieben. Eickhoff unternimmt in dieser Darstellung nicht nur
den Versuch, das Leben Ottos seit seiner Kaiserkrönung 996 zu schildern,
sondern bettet dessen Vita in den gesamteuropäischen Kontext ein. Betrachtet
wird der hohe Norden bis Island, die Weiten Osteuropas sowie das Kaiserreich
Byzanz, außerdem der Westen und Italien.
So entfaltet sich vor dem Leser ein regelrechtes Panorama der mittelalterlichen
Welt um das Jahr 1000, wobei Eickhoffs Stil oft sogar fesselnd, immer aber gut
verständlich und dennoch sehr informativ ist. Chronologisch verfolgt der Autor
das Leben des Kaisers, doch sind immer wieder Exkurse eingeflochten, so unter
anderem zur Besiedlung Grönlands im Norden oder dem Bildungsaustausch mit der
arabischen Welt. Sicherlich ließe sich über manche Nuance der Darstellung
streiten; so ist es unsicher, dass ein mittelalterlicher Herrscher wie Otto
tatsächlich eine so planmäßige Politik betreiben konnte, wie dies teils
angedeutet wird. Vor allem aber kann der Leser unter anderem die dramatische
Italienpolitik Ottos verfolgen, der vielleicht eine regelrechte Erneuerung des
alten Imperiums angestrebt hatte (was aber umstritten ist), und sich dabei etwa
mit mächtigen stadtrömischen Adeligen streiten musste. Ebenso wird deutlich,
wie Otto auch den Osten Europas in seine Politik einbezog, vor allem Polen und
Ungarn. Ottos große Begeisterung für die Stadt Rom verhinderte jedoch nicht,
dass seine Stellung in der "Ewigen Stadt" prekär war und bis zu
seinem frühen Tod auch blieb.
Fazit
Eickhoffs Buch ist weit mehr als eine (Teil-)Biographie. Es ist vielmehr ein
hervorragend lesbares Portrait Europas um das Jahr 1000 und teils ein
regelrechter Lesegenuss. Wer eine fachlich fundierte und dennoch stilistisch
gelungene historische Darstellung auf gehobenen Niveau sucht, wird hier fündig.
Im Übrigen seien auch Eickhoffs andere historische Werke (vor allem zum
"Türkenkrieg" im 17. Jahrhundert und zu Venedig) dem geneigten Leser
zur Lektüre empfohlen.
Vorgeschlagen von B. Kiemerer
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veröffentlicht am 18. November 2011 2011-11-18 01:46:48