Ein religiöser Selbstversuch
Spiritualität ist "in", Religion durchaus von Bedeutung, wenn auch
nicht unbedingt in den tradierten und konfessionell verfassten Formen. Eine
ganze Reihe von Neuerschienungen des zu Ende gehenden Jahres haben sich diesem
Thema zugewandt, einige betrachtend, andere, wie auch dieses von Stefan Kuzmany,
unter "Einbringung der eigenen Person".
So macht sich Stefan Kuzmany auf, im "Dschungel der Religionen" ein
wenig Licht ins Dunkle zu bringen und die verschiedenen Religionen (und deren
Heilsversprechen) zu testen. Frei nach dem Motto aus der Feuerzangenbowle,
"da stellen wir uns einmal ganz dumm", lässt sich Kuzmany von den
diversen Religionen "aufklären".
Heraus kommt ein Buch mit durchaus persönlich gehaltener Note, verfasst in
einem leicht und eingängig zu lesendem Stil mit einer gehörigen Portion Ironie
(ohne dabei ins Zynische abzugleiten, was schon eine Kunst ist im Tenor des
Buches). Wer schon das erste Kapitel zum Islam untertitelt mit "Her mit den
Jungfrauen", der stellt einerseits klar, dass er die entsprechenden Stellen
des Koran kennt (und vorbringt), durchaus aber das zwinkernde Auge nicht
vergisst. Im Verlauf der Lektüre kann so manches Mal der Eindruck einer Satire,
zumindest aber der deutlichen Kritik an den weltlichen Ausformulierungen des zu
Grunde liegenden Heilsversprechens aufkommen. Und das sicher nicht vom Autor
ungewollt.
Auch wenn sich der ein oder die andere Würdenträger/in vielleicht an solcher
Ironie stören könnte, für das Leseerlebnis ist diese gehörige Portion Humor
nur förderlich und, seien wir ehrlich, eine ganze Reihe äußerst merkwürdig
anmutender Regeln und Verssprechen ist allen dargestellten Religionen eigen.
Empfohlen sei die hier die Betrachtung des christlichen Zungenredens im Buch
unter vielen anderen Merkwürdigkeiten, die dargeboten werden. Eigenheiten, auf
denen Kuzmany nicht ständig herumtrampelt, die aber dennoch ständig vom Rande
her mit einfließen. Was Wunder bei einem Autor, der von sich sagt: "Im
Lauf der Jahre verlor ich meinen Glauben".
Was sicherlich für das Anliegen des Buches auch seine negativen Auswüchse nach
sich zieht. Denn neben den vielen, vielen unglaubwürdigen, merkwürdigen, gar
peinlichen Ausformungen dessen, was Menschen sich unter Religion im Lauf der
Jahrtausende vorgestellt haben und noch vorstellen, fällt so der
"spirituelle Kern", oder, anders gesagt, ein durchaus ernst zu
nehmendes und ebenfalls seit Jahrtausenden vorhandenes Bedürfnis des Menschen,
die Transzendenz zu einer höheren Kraft hin, ein wenig einfach unter den Tisch.
Nur in kleinren Nebensätzen wird erkennbar, dass hinter all der humorvoll
verpackten Kritik an den verfassten Religionen ein "Mehr" schlummern
könnte". Wenn die Email im "Namen des höheren Wesens, dass wir alle
verehren" Kuzmany doch auf eine andere, treffendere Spur führen
könnte.
Ansonsten findet sich um Buch durchaus dem Eingeweihten zwar altbekanntes, dem
neugierigen Leser aber durchaus auch fundiert nahe gebrachte, neue
Informationen. Biographisches zu Mohammed, zu seinem Großvater, dem Hüter von
Zamzam und zur Entstehungsgeschichte des "schwarzen Steines" und damit
der Kaaba in Mekka finden sich ebenso, wie die Eckpfeiler des Islam.
Judentum, Christentum und Buddhismus komplettieren im überwiegenden Teil des
Buches den Blick auf die "klassischen Weltreligionen".
Dankenswerterweise geht Kuzmany mit ebensolcher distanzierter (und damit
entlarvender) Ironie auch an Scientology heran. Gut, dass die Ehefrau des, nach
dem Besuch der Scientology Zentrale, sich bereits als allmächtig fühlenden
"Journalisten-Gottes" diesen umgehend wieder zu erden versteht.
Im quasi Schnelldurchlauf werden dann, im letzten Kapitel noch einige andere,
kleinere, neuere Heilsversprechen betrachtet (und bewertet).
Fazit
Alles in allem bildet das Buch eher eine "Religionssatire", dies aber
auf gut informiertem Boden. Sprachlich flüssig und ironisch gut zu lesen,
bildet Kuzmany die Kernaussagen und die Geschichte der vier Weltreligionen in
Teilen durchaus fundiert ab, legt den Fokus aber deutlich auf den
unglaubwürdigen, merkwürdigen und dadurch bestens zu persiflierenden Teil der
besprochenen Religionen. Das, was an ernstzunehmendem Kern vielleicht doch zu
finden wäre, fällt weitgehend durch den Rost der Ironie. Als Religionskritik
auf humorige Art wunderbar und informativ zu lesen, im Sinne einer
differenzierten Darstellung eher weniger umgesetzt.
Vorgeschlagen von Lesefreund
[Profil]
veröffentlicht am 14. November 2011 2011-11-14 14:19:32