Gerne wird der Kriminalschriftsteller Horst Eckert von den Medien in und um
Düsseldorf als regionaler Autor oder Autor von Düsseldorf-Krimis tituliert.
Doch solch eine Bezeichnung wird ihm nicht gerecht. Tatsache ist, dass ein Krimi
nun mal irgendwo spielen muss. Bei Donna Leon ist es Venedig, bei Henning
Mankell Ystad und bei Horst Eckert ist es (zumeist) Düsseldorf. Das heißt noch
lange nicht, dass es sich um einen Regionalkrimi handelt, wie er langläufig
definiert wird. Selbst, wenn ein Düsseldorfer Oberbürgermeister eine wichtige
Rolle darin spielt ("Königsallee"). Eckert beweist erneut in dem
soeben erschienenen Krimi "Schwarzer Schwan", dass es sich um einen
hochbrisanten, alarmierend aktuellen Politthriller handelt, der überall in
Deutschland spielen könnte.
Vor dem Hintergrund des Bankencrashes im Jahre 2008, der sich in Wirklichkeit
als Gelddruckmaschine für die Banken herausstellte, über den Atomausstieg der
jetzigen Bundesregierung bis hin zur Griechenlandpleite wird in einem Mordfall
und einem Entführungsfall ermittelt. Dass es sich um zwei voneinander
losgelöste Fälle handelt, mag der Leser bald nicht mehr wahr haben. Dass die
beiden Verbrechen ein beinahe banales Motiv haben, ebenso wenig. Schnell wird
klar, dass die Motivlage in einem Gewirr aus Bankern, Wirtschaftsbossen,
Lobbyisten und Politikern verborgen liegt. Selbst die Bundeskanzlerin bekommt
eine Rolle in diesem Stück. In vielen parallelen Handlungen, die in Düsseldorf
genauso wie in Berlin spielen, taucht der Leser in das schwer durchschaubare
Geflecht ein.
Die Bankerin Hanna, deren Millionendeal auf höchster Vorstandsebene zum Schaden
der eigenen Bank gekippt wird, zweifelt am Sinn des Lebens und erkennt nicht,
dass sie nur wie ein kleiner Hamster in einem Rädchen strampelt. Erst als der
Polizist Dominik in ihrer Wohnung Abhörwanzen entdeckt, wird ihr das ganze
Ausmaß von dem, was ihr schon längst Bauchschmerzen verursachte, bewusst. Dann
verschwindet auch noch ihre Nichte. Zwischen der Entführung Leonies und dem in
Düsseldorf verübten Mord an der Lobbyistin Paula, die ebenfalls aus dem
Politrummel aussteigen wollte, gibt es einen Zusammenhang: ein alter, weißer
Golf II.
Eckert schafft in diesem Thriller eine erschreckende Nähe zum aktuellen
Tagesgeschehen. Gespräche aus den Polittalkshows werden sofort präsent. Als
Leser steht man mittendrin. Trotz der vielen Namen und Figuren macht es keine
Mühe, der Handlung zu folgen. herausgehoben und von etwas mehr Ruhe begleitet
wird ein Handlungsstrang aus der Sicht der entführten Leonie, deren Szenen aus
der Perspektive dieses Mädchens erzählt werden. In diesen Passagen verzichtet
Eckert auf Tempo, umso mehr gehen sie in die Tiefe und lassen den Leser
mitfühlen.
Fazit
Ein handwerklich sehr gut gemachter Krimi, der einen Adler-Olsen nicht fürchten
muss und von solch einer Brisanz ist, dass er alle anderen Krimis auf hintere
Plätze verweist. Herzlichen Glückwunsch für den Dortmunder Grafit-Verlag,
solch einen hochkarätigen Krimiautor in seinem Programm zu haben.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
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veröffentlicht am 22. Oktober 2011 2011-10-22 14:01:02