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Hans Leyendecker: Die Lügen des Weißen Hauses: Warum Amerika einen Neuanfang braucht

Die Lügen des Weißen Hauses: Warum Amerika einen Neuanfang braucht

von Hans Leyendecker
Verlag: Rowohlt Verlag [mehr Bücher von diesem Verlag zeigen]
Sparte: Politik
ISBN-13 978-3-498-03920-2

Preis: 2,05 Euro bei Amazon.de [Stand: 21. November 2024]
Hans Leyendecker, Redakteur der "Süddeutschen Zeitung", legt hier eine Zusammenfassung der Lügen der Regierung Bush vor, um zu begründen, warum - wie es im Untertitel heißt - Amerika einen Neuanfang braucht.

Besonders überzeugend arbeitete Leyendecker die Stichwortgeber der aggressiven Außenpolitik, den Einfluß der sogenannten Think-Tanks, heraus. Dies sind von der Industrie finanzierte Denkfabriken, die die Grundzüge dieser Politik geplant und skizziert haben, sich jedoch - wie Leyendecker nachweist - dabei nicht immer an die Wahrheit halten, sondern die Interessen ihrer Auftraggeber auch gegen die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Forschung propagieren. Fazit: "Die konservativen Think Tanks...sind zu einer unheimlichen Macht geworden, und das gilt nicht nur für das Thema Irak" (S. 37). Herkunft, Meinungen und Ansichten konservativer Republikaner und der - überwiegend von den früheren Demokraten zu den Republikanern übergewechselten - sogenannten Neo-Konservativen wird exakt dargestellt und insbesondere die Rolle der publizistischen Vorreiter, dem Herausgeber des Weekly Standard, William Kristol und des bekannten Publizisten Robert Kagan herausgearbeitet (dessen Buch "Macht und Ohnmacht" ein wichtiges Werk zum Verständnis der transatlantischen Beziehungen und der Sicht der Neokonservativen in den USA darstellt). Haupt- und Höhepunkt es Buches sind die Portraits der wichtigsten amerikanischen Bush-Berater, angefangen von Vizepräsident Cheney, Sicherheitsberaterin Rice, Vize-Verteidigungsmister Wolfowitz, dem auch in Europa bekannten Bush-Berater Richard Perle und den Ministern für Verteidigung, Rumsfeld und Aüßeres, Colin Powel.

Das Kapitel "Die Lügenfabrik" untersucht die Legitimation der Kriegsgründe für den Irak-Krieg. Kritisch wird die Rede Außenminister Powellls vor der UNO am 5. Februar 2003 als Desinformation der Weltöffentlichkeit entlarvt. Auch die weiteren Lügen der Regierung Bush im Irak-Krieg, etwa die inzwischen widerlegte Behlauptung, der Irak habe versucht, sich in Afrika Uran zu beschaffen, wird beleuchtet. Die Zustände im US-Gefängnis Guantanmo werden ebenso scharf kritisiert. So fühlt sich der Autor angesichts der Sprachregelung der US-Regierung zu diesem Themenkomplex - und das Buch wurde vor der Bekanntgabe der Foltervorwürfe in US-kontrollierten Gefängnissen publiziert - an das "Neusprech" in George Orwells Roman "1984" erinnert. "Man hört Gerechtigkeit und sieht unkontrollierte Militärjustiz, man hört Verhör und muss Folter befürchten. Der Stärkere legt die Bedeutung der Wörter fest." (S. 179). Allerdings ist Leyendecker auch davon überzeugt: "Das Pendel schwingt allmählich zurück". Er hofft im "Kampf um Amerika" auf einen Sieg des demokratischen Präsidentschaftskandidaten John Kerry, der gerne unterschätzt werde (S. 201). Kerry sei liberal, aber kein Linker. Gerade dies sei seine Chance, am 2. November 2004 zum Nachfolger Bushs gewählt zu werden.

In seinem brillianten Essay "Lügen haben kurze Beine - Aus einem Geschichtsbuch des Jahres 2010" schreibt der Autor der Geschichte der USA fort - in zwei Varianten: zum einen erörtert der die Folgen einer Wiederwahl Bushs, in der letzteren Version bilanziert er "Die ersten Jahre der Ära Kerry". Eine Literaturliste beschließt den Band.

Während Teil 1 meines Erachtens sehr gut geraten ist und überzeugend die ideologischen Wurzeln der derzeitigen amerikanischen Innen- und Außenpolitik darlegt, wirk Teil 2, "Die Lügenfabrik", auf mich insgesamt zu dürftig. Die Fokussierung auf die Lügen des Irak-Krieges verdeckt die gesellschaftliche Veränderung, die die "Bush-Bilanz" (Elmar Theveßen) dem Land beschert hat. Dieser Teil ist zu kurz und oberflächlich geraten.

Wer hier genauer informiert werden möchte, sollte zu Elmar Theveßens "Bush-Bilanz", dem meines Erachtens besten Buch zu diesem Thema oder dem ähnlich gelagerten Werk "Die Lügen des George W. Bush" von David Corn greifen. Letzteres ist auch in der Literaturliste Leyendeckers angegeben.
Fazit
Insgesamt dennoch wegen des hervorragenden und gut lesbaren ersten Teils 8 Punkte.
7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne7 Sterne

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Vorgeschlagen von Bernhard Nowak [Profil]
veröffentlicht am 22. Juni 2004

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