Alle zwei Jahre findet in der Vulkaneifel das Kriminalfestival und der
Fachkongress "Tatort Eifel" statt, der für alle Kriminalschaffenden
aus Film, Fernsehen und Literatur ein Muss ist. Neben den Workshops und
Veranstaltungen mit der Vergabe des ROLAND als Höhepunkt ist der
Kurzkrimiwettbewerb und die Veröffentlichung der prämierten Gewinner in einer
Krimianthologie "Tatort Eifel" des KBV-Verlages ein weiterer
Höhepunkt. Während alle anderen Höhepunkte nur in Notizen, Videos und Fotos
festgehalten werden, kann man das Buch mit den amüsanten und spannenden
Kurzkrimis auch noch Jahre später genüsslich konsumieren. Ein großer Teil der
AutorInnen hat bereits Krimis beim Hillesheimer Krimiverlag veröffentlicht und
wird vielen bekannt sein. Andere Teilnehmer des Kurzgeschichtenwettbewerbs,
deren Geschichte lesenswert und veröffentlichungsreif waren, werden sicherlich
demnächst in diesem Genre bekannt werden.
Zu den drei Preisträgern des Wettbewerbs, dessen Grundprinzip ist, dass alle
Geschichten in der Eifel spielen müssen, gehören Melanie Raabe mit ihrer
ultrakurzen Geschichte "Die: Zahnfee". In ungewöhnlicher Weise wird
hier die Geschichte eines Mordes und wie es dazu gekommen ist auf knapp drei
Seiten in vier Kapiteln erzählt. Zu Recht hab es für dieses spannende und
gelungene Experiment den ersten Preis. Kurz dahinter folgen dann Malte
Landsberger mit seiner "Ortsrandlage" und Wolfgang Quest mit "Die
Doppelfalle". Im Tagebuchstil wird extrem humorvoll erzählt, wie jemand
den Geräuschen in seinem neuen Wochenenddomizil in Ortsrandlage, die ihn und
seine Frau nicht schlafen lassen, nachgeht. In klassischer Krimimanier mit
richtiger Irreführung und überraschendem Ende lässt Quest einen
Regieassistenten die Ermordung des Regisseurs planen, doch dann läuft alles
anders.
Neben den drei Preisträgern des Wettbewerbs kommen aber viele weitere
Wettbewerbsteilnehmer in dieser Anthologie zu Wort. So erzählt die Eifel-Queen
of crime Carola Clasen "Schritt für Schritt" von einem Ehemann, der
sich so sehr um seine Lauftrainerin bemüht. Männer: es kommen harte Zeiten auf
Euch zu! Der Krimi-Cop Klaus Stickelbroeck bringt einen Mord mit "Scharfer
Kante" ins Gespräch. Am liebsten aber mordet Tanja Kruse. So makaber schon
der Titel ihrer Geschichte ist ("Das fröhliche Meisburger
Massenschlachten"), so makaber erzählt sie vom Massenmord in der Eifel,
denn kaum ein Ort in der Eifel wird verschont. Überall wird eine oder mehrere
Leichen gefunden. Diese amüsante Szenerie kann nur augenzwinkernd durchgehalten
werden. Marta und Jürgen Alberts übten sich in Sachen " Seitensprung im
Krimihotel" und bringen es zu einem unterhaltsamen Porträt des
Hillesheimer Mottohotels. Aquarienfreunde gibt es wie Sand am Meer, spleenig
sind sie meist zudem, aber wenn man einen unheimlichen kennenlernen möchte,
dann führt kein Weg an "Jonas" von Paul Pfeffer vorbei. Der
Altmeister des Eifelkrimis, Jacques Berndorf, hält es für bemerkenswert, was
so alles in "Einer guten Stunde" in der Eifel passiert. Mit rasantem
Erzähltempo und kurzen Schnitten wird in Daun ein Mädel entführt. Entführt
wird in der Eifel viel! Allerdings haben es die beiden trotteligen Entführer
bei Stephan Everling in "Tot überm Gartenzaun" etwas schwer, sich mit
ihrer Geisel zu verbergen. Die Protagonistin von Elke Pistor wollte eigentlich
nur "Sein Bestes". Doch unverhofft kommt oft. Die
Lieblingsfernsehsendung des Krimiautors Carsten Sebastian Henn ist unverkennbar:
"Bauer sucht Traumfrau". Noch dazu, wenn die Moderatorin Tinka Brause
nicht gerade den optimalen Kandidaten für ihre Dokusoap gefunden hat. In der
Geschichte "Es fährt ein Zug nach Gerolstein" gibt der Herausgeber
dieser Anthologie, Ralf Kramp, einen kurzen, satirischen Abriss der wichtigsten
Lebensstationen des Schlagerstars Rico Diamond. Doch so geht es nicht mehr
weiter. Brigitte Glaser dann lässt zum "Buuredanz" aufspielen und
lässt den Leser über die ungewöhnliche Fracht im Kofferraum des Autos eines
Alleinunterhalters auf Eifeler Familenfesten staunen. Andrea Revers hat sehr
"Schlechte Gewohnheiten": Sie monologisiert mit dem Leser und zieht
dabei eine unauslöschliche Blutspur hinter sich her. Guido M. Breuer spielt den
"Dauntown Blues" mit Totschlag, bei dem den Lesern die Musik von Miles
Davis und John Coltrane nicht aus den Ohren geht. Die ungewöhnliche Botschaft
einer unscheinbaren Frau an eine Anwältin lässt die Autorin Martina Kempf nur
zu einem Schluss kommen: "Meerfeld sehen und sterben". Uwe Voehl setzt
in "Der letzte Tango in Michelbach" eine Ehefrau mit einem Knäuel
Wolle auf die Terasse. Die "Magische Eifel" führt oft nicht nur in
dieser Geschichte von Lothar Wirtz zu einer Diskussion von Umwelt- und
Naturschutz im Verhältnis zur Tourismuswirtschaft. Für Erika Kroell ist alles
"Eine Frage des guten Tons". Besonders, wenn zwei Hamburger mit
süddeutschem Dialekt auf einem lustigen Töpferkurs mit einem tötlich
glücklichen Ausgang anzutreffen sind. Gabriele Keiser lässt in "Der Tote
im Wasserfall" das Verschwinden eines desertierten Soldaten des Zweiten
Weltkrieges auflösen. "Mit Pauken und Trompeten" lässt Rudi Jagusch
Ocean's Eleven in einem Dauner Musikalienladen ablaufen.
Fazit
Alles in allem ein äußerst kurzweiliges Bändchen mit den unterschiedlichsten
Kriminalgeschichte, die mal spannend, mal lustig, mal klassisch, mal lehrreich
sind. Sie lassen sich extrem gut zwischendurch lesen und passen in jede
Jackentasche.
Vorgeschlagen von Detlef Knut
[Profil]
veröffentlicht am 21. Oktober 2011 2011-10-21 08:46:42