Kollegiale Beratung in theoretischer, empirischer und sozialpolitischer
Perspektive
In ihrer hier vorliegenden Promotion geht Rita Linderkamp (vorweg gesagt,
natürlich sauber und fundiert gearbeitet) der Leitfrage nach, die Annahme einer
(hohen) Leistungsfähigkeit der kollegialen Beratung in Hinsicht eines aktiven
und authentischen Lernens aus betriebspädagogischer Sichtweise heraus zu
erforschen.
Eie durchaus wichtige und spannende Fragestellung gerade auf dem Hintergrund
gesellschaftlicher Entwicklungen hin zu einem enorm gesteigerten Lernbedarf auf
allen Ebenen, individuell und betrieblich. Und auf dem Hintergrund, dass in der
modernen Welt ein "starres Lernen" den Anforderungen nicht mehr
gerecht wird, sondern eine "flexible und situationsangemessene Vermittlung
und Anwendung neuer Lerninhalte" notwendig ist, um der ständigen
Herausforderung neuer Informationen zu begegnen. Wichtig ist und bleibt
ebenfalls die Übertragung von Lerninhalten in die (berufliche)
Lebenswirklichkeit, ansonsten verbleibt erworbenes Wissen in "trägem"
Zustand.
Nach der Erläuterung der methodologischen Grundbezüge bietet Linderkamp
zunächst einen Überblick über die Entwicklungsgeschichte kollegialer Beratung
und zeigt auf, dass die Begrifflichkeit divergiert und verschiedene Konzepte zum
Begriff "kollegiale Beratung" überlappend vorliegen. Von besonderem
Interesse sind dann aber ihre weiteren Ausführungen zum Zusammenhang zwischen
betrieblicher Weiterbildung und kollegialer Beratung. Hier deutet sich die
entscheidende Schnittstelle für ein effektives und "aktives statt
träges" Lernen an, die Zusammenarbeit zwischen Faktenvermittlung und
kollegialer Reflektion und Weiterarbeit, die zur Vertiefung und zur praktischen
Anwendung vermittelter Lerninhalte führen kann (und soll). Eine Vertiefung, die
erkennbar die Integration erlernter Inhalte in die eigene Lebens- und
Arbeitswirklichkeit fördert.
Eine Vertiefungsmöglichkeit, die in einen größeren Zusammenhang zu stellen
ist und daher durch Linderkamp auf der Basis lerntheoretischer Konzepte und in
eine "vornehmlich pädagogisch-psychologische Perspektive" eingebettet
wird. Gestaltungsvorschläge, die im Buch durchaus Konkretion erfahren und nicht
rein abstrakt im Raume verbleiben.
Vielfache Elemente der "kollegialen Beratung", die Linderkamp in ihrer
Promotion im Weiteren empirisch untersucht und vertieft und somit einen
"Wirklichkeitsbezug" herstellt, der ihre Thesen durchaus untermauert.
Explorativ wird in diesem empirischen Teil zum einen die Teilnehmersicht
festgehalten und zum anderen auch die Expertensicht (Anbieter kollegialer
Beratung) dargestellt.
Im Ergebnis stellt Linderkamp, folgerichtig argumentiert und fundiert
recherchiert, die zunehmende Bedeutung kollegialer Beratungsformen fest und
verweist ebenso auf sich ständig erweiternde Anwendungsgebiete. Sowohl in Tiefe
wie auch Breite nehmen kollegiale Beratungsformen einen immer wichtigeren Teil
im Rahmen (betrieblichen) Lernens ein. Das dem Faktor "Vertrauen"
dabei eine entscheidende Bedeutung in Hinsicht eines erfolgreichen kollegialen
Beratungsprozesse zukommt, ist sicherlich keine erstaunlich neue Erkenntnis,
dennoch aber im Zusammenhang noch einmal wichtig, zu betonen. Wie überhaupt die
Nennung der erfolgsentscheidenden Faktoren eine gute Zusammenfassung der
Ergebnisse der Promotion darstellen und sowohl praxisrelevant vorliegen als auch
für die weitere wissenschaftliche Arbeit am Thema die Wegzeichen vorgeben
können.
Fazit
Rita Linderkamp legt eine fundierte und gründliche Betrachtung des Themas der
"kollegialen Beratung" aus betriebspädagogischer Sicht vor. Aufgrund
der hohen Wissenschaftlichkeit der Arbeit und der fachspezifischen Sprache
bedarf die Erarbeitung ihrer Ergebnisse eine konzentrierten Haltung. Im Gesamten
bildet das Buch eine gute Möglichkeit der Reflektion auch eigener
Beratungsarbeit, des eigenen Lernens und der "Erfolgsfaktoren"
derselben, dient in erster Linie allerdings der weiteren, wissenschaftlichen
Vertiefung des Themas und weniger der umgehend praktischen Anwendung.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 12. Oktober 2011 2011-10-12 12:40:34