Intensivierung der ökologischen Landwirtschaft als Ausweg
Im bisherigen, allgemeinen Denken, stehen sich zwei Ansätze zur Agrarkultur und
damit zur aktuellen und zukünftigen Ernährung der Welt scheinbar
gegenüber.
Auf der einen Seite die industrialisierte Nahrungserzeugung, welche durch
Intensivierung, Gentechnik, maximales Düngen und alle andern Arten von
"Mehr-Erzeugung" den Königsweg zur Ernährung der stetig wachsenden
Weltbevölkerung sieht und zum anderen jene "Inseln der Glückseligen"
(vor allem der Reichen), welche sich der ökologischen Landwirtschaft zuwenden
um die Sicherheit möglichst natur belassener Lebensmittel für sich in Anspruch
nehmen zu können. Argumentativ schwingt hierbei immer mit, dass der
ökologische Ansatz aufgrund seines höheren Aufwandes für eher weniger Ertrag
zum einen immer wesentlich teuer im Produkt nachher ist, als rationell
erwirtschaftet Lebensmittel (eben nur für reichere Menschen geeignet), vor
allem aber (und dies ist das eigentliche Argument für eine industrialisierte
Nahrungserzeugung), wäre die biologisch-ökologische Erzeugung von
Nahrungsmitteln gar nicht in der Lage, Nahrung für zur Zeit 7 Milliarden
Menschen in ausreichender Menge zu produzieren.
Sachlich ist das Beachtenswerte am Buch von Felix zu Löwenstein (der durchaus
weitreichende Erfahrungen im Feld der biologischen Landwirtschaft besitzt) ist
seine Zuwendung zu genau diesem Argument. Unter der steilen These des
Untertitels, dass in Zukunft entweder ökologisch Nahrungsmittel erzeugt werden
oder gar nicht mehr, legt er ein hochinteressantes Kapitel über
"Ökologische Intensivierung" vor. Fundiert und nachvollziehbar nutzt
er hier den Begriff "Intensivierung", der bisher nur in Bezug auf
intensiv und chemiebasierte Landwirtschaft als feststehender Begriff im Raume
steht und zeigt Wege auf, die ökologisch-biologische Landwirtschaft strategisch
und gezielt zu in benötigter Menge auszuweiten.
Natürlich verbleibt zu Löwenstein nicht bei einfachen Postulaten, sondern
arbeitet minutiös heraus, welche politischen und gesellschaftlichen
Rahmenbedingungen entfaltet werden müssen, damit eine Sicherstellung der
Ernährung der Welt unter Berücksichtigung biologisch-ökologischen
Wirtschaftens in der Landwirtschaft gelingen kann. Rahmenbedingungen, die
bereits vor der eigentlichen Arbeit beginnen, nämlich mit dem Vorverkauf der
zukünftigen Ernte. Und damit einhergehend auch mit Monokulturen, die hohen
Einfluss auf bestehende und zukünftige Nahrungsmittelknappheiten haben
("Ethanol vom Acker" wird hier noch einmal eindrücklich Als
Fehlentwicklung vor Augen gestellt). Über die Qualität industrieller
Lebensmittel ist bereits vielfach geschrieben worden, das "Schnitzel aus
der Tierfabrik" schockiert daher nicht mehr sonderlich, zeigt aber
ebenfalls in der Argumentationskette zu Löwensteins auf, das ein Umsteuern im
großen Stil bereits überfällig ist. Ebenso wichtig für zu Löwensteins
Ansatz ist die Beschäftigung mit der Tatsache, dass 50% der Lebensmittel in
ihrer Herstellungskette bis dann zum Endverbraucher und zudem von diesem dann
als letztes Glied der Kette einfach entsorgt werden, somit 200% an
Nahrungsmitteln weltweit erstellt werden für die 100%, die tatsächlich genutzt
(gegessen) werden.
Unter Auswertung ernstzunehmender Studien und unter Betrachtung der letztlich
eher "Misswirtschaft" zu nennenden aktuellen Form der
Lebensmittelerzeugung gelingt es zu Löwenstein sodann, nachhaltig nachzuweisen,
dass eine Umstellung auf Formen des biologischen Anbaus mitsamt eines
Welthandels der Lebensmittel tatsächlich zum einen für genügend
Nahrungsmittel sorgen könnte und zum zweiten nur auf diesem Weg eine
"Ernährungssouveränität" ermöglicht werden könnte, die auch
Verwerfungen an den Spekulationsmärkten den Boden entziehen würde.
Fazit
Fundiert und mit Kompetenz legt Felix zu Löwenstein nicht nur eine mögliche
alternative zur aktuellen Lage im Blick auf die Erzeugung von Lebensmitteln vor,
sondern legt ebenso fehlgeleitete Rahmenbedingungen offen und zeigt letztlich
einfach, wie es besser (und gesünder) gehen könnte, ohne das Mangel an der
Tagsordnung wäre oder die Preise für die Ernährung ins Utopische hin sich
entwickeln würden. Höchst lesens- und bedenkenswert und in Teilen durchaus
auch gegenwärtig schon für den Verbraucher umsetzbar.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 25. September 2011 2011-09-25 12:41:19