Bei Ingrid Noll geht es immer um die ganz normalen, die ganz biederen Leute, die
sich ganz plötzlich gar nicht mehr der Norm entsprechend und bieder verhalten.
Waren es 1993 in ihrem Debut "Der Hahn ist tot" die 52-jährige
Rosemarie, die für die Liebe sprichwörtlich über Leichen geht, die
Freundinnen Maja und Cora, die zuerst die Toscana ("Die Häupter meiner
Lieben", 2000) und anschließend Frankfurt a.M. unsicher machen
("Selige Witwen", 2002), oder nun Lore und Anneliese, die mit 73
Jahren eine Frauen-WG gründen - sie alle verhalten sich gar nicht
"ladylike". Die beiden Seniorinnen freuen sich nach Kräften des
Lebens, nachdem Mann und Kinder aus dem Haus sind, und haben mit
"Alt-Sein" und einem ruhigen Lebensabend nichts am Hut. Als dann noch
der charmante Ewald aus ihrer Mädchenzeit auftaucht, sind sie nicht mehr zu
halten. Zwar ist nicht klar, ob er lieber mit Anneliese die romantischen
Tanzstunden wieder aufleben lässt, oder sich mit Lore beim Spaziergang über
intime Dinge unterhält, doch egal - beide Damen sind frisch verliebt und
gewinnen ein Stück Jugend zurück. Schließlich beschließen sie sogar, eine
lang ersehnte Reise zu unternehmen. Sie heuern ein Studentenpärchen an, das sie
quer durch Deutschland kutschiert - und nicht nur sie erleben dabei eine
Überraschung nach der nächsten... In bewährter Manier kombiniert Ingrid Noll,
1935 als Tochter deutscher Eltern in Shanghai geboren, ihre psychologischen
Studien mit staubtrockenem Witz, Ironie und schwarzem Humor.
Vorgeschlagen von Annette Rieck
[Profil]
veröffentlicht am 07. September 2006 2006-09-07 13:27:19