"Der Tag, an dem Sven Kammermeier aus der Elften erschossen wurde, war
schon schlimm genug, obwohl da noch niemand etwas davon gewusst hatte."
So beginnt ein Roman, der vielschichtig ist. Sven Kammermeier, ein übler
Schläger, belästigt die türkische Freundin von Finn. Es kommt auf dem
Schulhof zu einer Auseinandersetzung, bei der Sven Finn mit einem Messer
angreift, doch von Finn geschickt abgewehrt wird. "Beim nächsten Mal geht
nicht nur das Messer kaputt" erklärt Finn eisig.
Am selben Abend ist Sven tot. Erschossen. Finn ist verschwunden. Sein bester
Freund Nick, der Ich-Erzähler des Romans, aus dessen Perspektive die
Geschehnisse, die sich "siebzehn Tage im August" abspielen,
geschildert werden, hält zu seinem Freund. Keine Sekunde zweifelt er an dessen
Unschuld. Aber: Nick würde Finn auch dann decken, wenn dieser wirklich der
Täter wäre. Die Polizei weiß von der Freundschaft der beiden, beschattet Nick
auch, aber Nick gibt vor, mit seiner Pfadfindergruppe zu Beginn der Sommerferien
in die Nähe von Passau zu reisen. Nicks Eltern und Schwester brechen in einen
lange geplanten Urlaub nach Südfrankreich auf. Doch Nick fährt zwar gemeinsam
mit den Pfadfindern in München ab, steigt in Landshut jedoch aus dem Zug und
kehrt heimlich um. Er sucht Finn, der sich mit einem unbekannten Handy bei
seinem Freund meldet. Bald treffen sie zusammen. Finn beteuert, Sven nicht
getötet zu haben. Aber er hatte Sven am Mordtag verfolgt, weil Sven Finns
Fahrrad aus Wut über die Geschichte am Morgen zertrümmert hatte. Und Finn war
es, der Svens Leiche fand. Eine für Finn schwierige, fast aussichtslose
Situation. Wie soll er seine Unschuld beweisen? Er will einfach
"weg".
Zusammen fahren die beiden Freunde nach Passau, um in der Nähe des Lagers der
Pfadfindergruppe zu sein, denn Nick vermutet, dass die Polizei sein Handy ortet.
Würden sie in eine ganz andere Gegend fahren, würde die Polizei bald auf Nicks
Spuren kommen. Auf dem Weg nach Passau treffen sie die Studentin Laura. Diese
ahnt zunächst nichts von der Hintergrundgeschichte der beiden Jungen und bietet
ihnen an, in der leerstehenden Wohnung einer Bekannten, die zur Zeit in England
ist, zu übernachten. Dieses Angebot nehmen beide an. Die Sache wird
gefährlich, als zwielichtige Typen, Freunde Svens oder dessen Mörder, im Lager
der Pfadfinder auftauchen und Finn und Nick suchen. Die Ereignisse treiben nun
schell einem dramatischen Höhepunkt zu...
Das Buch ist ausgesprochen spannend. Ich habe das Buch in einem Zug durchgelesen
und konnte nicht mehr aufhören, zumal die Sprache einfach, jedoch klar ist. Die
Kapitel - über 40 - sind nie länger als 5 Seiten, die Geschichte selber ist
streng durchkomponiert.
Eigentlich ist das Buch kein Krimi, obwohl Krimihandlung vorhanden ist (es geht
um die Aufklärung eines Verbrechens). In erster Linie ist das Buch eine
Freundschaftsgeschichte. Zwei Freunde, 16 und 17, kennen sich seit Jahren und
vertrauen einander blind. Finn hat Nick auf einer Klettertour vor einigen Jahren
das Leben gerettet und ihn vor einem Absturz von einem Berg bewahrt. Seitdem ist
für Nick klar, dass er alles tut, um Finn aus der Situation, in die er geraten
ist, herauszuhelfen. Er würde Finn decken, auch wenn er die Tat begangen
hätte, wie er seiner Freundin Mia deutlich klarmacht.
Dies ist die zentrale Frage des Romans. Wie weit darf Freundschaft gehen? Darf
man einen Freund auch decken, wenn dieser einen Mord oder ein anderes Verbrechen
begangen hat? Keine leichte Frage, auch nicht für den Protagonisten. Dennoch
ist die Angelegenheit für ihn klar. Finn ist sein Freund, er geht mit ihm durch
dick und dünn. Und es ist Nick, der die Initiative ergreift und die Flucht
detailiert plant.
Während Nick sympathisch und lebensecht gezeichnet ist, wirkt der eigentliche
Protagonist der Handlung, Finn, eher blass. Über die Tat selber wird nicht viel
gesprochen, es gibt in der Regel nur Andeutungen. Im Mittelpunkt steht die
Flucht, das Abenteuer. So witzig einzelne Stationen auch sind (so verstecken sie
sich im Beichtstuhl des Passauer Doms, als sie einige Pfadfinder der Gruppe
sehen, die den Dom besuchen wollen), so bleibt unbefriedigend, dass über Motiv
und Tat zu wenig gesprochen wird. Blindes Vertrauen von Nick verbietet ihm,
seinen Freund zu sehr mit Fragen zum Thema "zu löchern". Einerseits
verständlich, andererseits nimmt dies dem Buch eine gewisse Spannung, eine
Tiefe. Über die Beschränktheit der Polizei, die Nick nicht beschatten lässt
und sich mit einigen Telefonaten zwischen Nick und der ermittelnden Kommissarin
zufriedengibt, kann man sich nur wundern. In der Realität wären beide
Flüchtigen wohl längst von der Polizei aufgegriffen worden. Dies darf aber im
"Plot" nicht erfolgen, weshalb die Wahrscheinlichkeit der Geschehnisse
hier meines Erachtens etwas arg strapaziert wird.
Dennoch ein spannendes Buch, welches zum Nachdenken anregt. Natürlich wird die
Auflösung hier nicht verraten...
Fazit
Trotz mancher Schwächen ein Buch, welches nachdenklich macht und nicht zu den
"0815"-Durchschnittstiteln gehört, wie ich finde. Trotz gewisser
Schwächen daher wirklich lesenswert
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 23. September 2011 2011-09-23 16:28:31