Ich interessiere mich seit langem für russische Geschichte und insbesondere die
Geschichte der Sowjetunion. Vielleicht liegt es daran, daß ich - als ich
vorliegenden Roman geschenkt bekam - besondere Affinität zu diesem Buch
verspürte. Die Erwartungen wurden vollkommen gerechtfertigt. Da ich selber
einige Stalin-Biographien besitze, kann ich sagen, daß die Recherchen über
Stalins Ende ausgezeichnet sind; so wird von Harris auch die neueste russische
Stalin-Biographie von
Wolkogonow für seine Recherchen
herangezogen. Kurz gesagt, sucht der Historiker Dr. Kelso ein Tagebuch Stalins,
auf welches er durch einen Leibwächter Berias hingewiesen wurde. Als dieser
Leibwächter im Zuge der Ermittlungen grausam ermordet wird, steht für Kelso
fest: dieses Tagebuch Stalins gibt es. Der Leser erfährt neben der reinen
Thrillerhandlung viel über Stalin und seine Zeit. Schon dies macht das
vorliegende Werk wertvoll und steht als Politthriller in der Tradition von
Forsyth, wirkt jedoch
solider. Allerdings kommt das Buch ohne bestimmte Thrillerschwächen (Dualität
der Charaktere in Gut und Böse; keinerlei Charakterdifferenzierungen) nicht
aus. Auch kommen Grausamkeiten in diesem Thriller vor, werden jedoch - ein
Kennzeichen seiner Qualität - nicht ausgewalzt.
Franz Rottensteiner hat im
"Lexikon der Kriminalliteratur" (Loseblattsammlung, Corian-Verlag) auf
die Quelle des Buches hingewiesen: vermutlich hat Harris einige Ideen (etwa die
Idee eines Tagebuches von Stalin und eines illegitimen Stalin-Sohnes) dem Roman
"Eine Arche für die Nichtgeladenen" von Vladimir Maximow (1930-1995)
entnommen.
Fazit
Ausgesprochen interessante Spannungsliteratur, die "Appetit" auf mehr
Romane des Autors macht.
Vorgeschlagen von Bernhard Nowak
[Profil]
veröffentlicht am 07. September 2003 2003-09-07 13:03:34