Massenmediale Untersuchung aus der Schweiz
Anhand von fünf Schweizer Fernsehprogrammen untersucht diese Forschungsstudie
die Thematisierung und die Darstellungsmuster von Religionen im Fernsehen.
Hierbei wurden drei staatliche und zwei private Fernsehsender berücksichtigt
und bei all diesen Sendern das gesamte Programm mitsamt gar der
Werbeeinblendungen, nicht also nur explizit religiöse Sendungen. Dies führt
zur notwendigen bipolaren Unterscheidungen zwischen expliziter
Religionsdarstellung (in religiösen Programmteilen) und implizierter
Darstellung im Rest des jeweiligen Programms.
Der erste Teil des vorliegenden Buches beschäftigt sich mit Form, Durchführung
und quantitativem Ergebnis der Studie. Unersuchungsdesign, Methode und
Ergebnisse werden differenziert von den Autoren dargestellt und, einerseits
überraschend, andererseits logisch ableitbar, kommt die Studie zu dem Ergebnis,
dass Religion und religiöse Symbole in allen Teilen des Pogramms fast
"allgegenwärtig" sind. Sei es die Trauungsszene in fiktionalen
Unterhaltungselementen, seien es Kirchengebäude in Städte- und
Landschaftsportraits, seien es ausgesprochen religionsorientierte Beiträge auch
der journalistischen Seite der Sender oder Bilder religiöser Motive in
Kunstsendungen, ebenso, wie in der Werbung oft und oft auf religiöse Symbole
oder Grundthematiken zurückgegriffen wird.
Diese quantitativen Ergebnisse werden im zweiten Teil des Buches
Wissenschaftlern diverser Fachrichtungen vorgelegt, ebenso Medienschaffenden und
Religionsvertretern.
Deren, durchweg durchaus interessante, Reaktionen und Deutungen der Ergebnisse
liegen diesem zweiten Teil des Buches zugrunde.
Der Vorteil dieser Vorgehensweise ist ein lebendiges, differenziertes Bild auf
die Darstellung von Religionen im Fernsehen durch vielerlei "Brillen"
hindurch. Indem die Forschungsgruppe Ihre Ergebnisse gerade kompetenten
Fachleuten verschiedenster Motivationen für eine Analyse vorlegte, entsteht ein
breites und durchaus unterschiedliches Meinungsbild. Ebenso spannend ist es,
sich anhand der Untersuchung zu vergegenwärtigen, dass eine ausgesprochene
Beschäftigung mit "dem Religiösen" keinen breiten Teil der
Fernsehkultur in den besagten Sendern einnimmt, dass aber andererseits
religiöse Rituale und Symbole vielfach benutzt werden, durchaus auch für dem
Religiösen gegenüber, ganz wesensfremde Inhalte. Und das zudem mit klar zu
erkennenden Gewichtungen innerhalb des religiösen Spektrums.
So verwundert es nicht, dass im bewertenden Teil des Buches die medien- und
kommunikationswissenschaftliche Sicht das Ergebnis aus der Perspektive der
Gleichbehandlung und der Vermeidung von Diskriminierung als kritisch einstuft.
Vor allem natürlich im Blick auf die quantitativ deutlich seltenere und
qualitativ deutlich negativere Darstellung von "Minderheitsreligionen"
gegenüber den christlichen Religionen. Was wiederum die kirchliche Analyse doch
ein wenig anders gewichtet.
Das Buch bietet eine profunde Untersuchung der Darstellung von Religionen im
schweizerischen Fernsehen (und die Ergebnisse anderer europäischer Länder
dürften nicht unbedingt stark verschieden sein), fasst die Ergebnisse
verständlich zusammen und bietet einen breiten Blick von differenzierten
"Beteiligten" mit durchaus kontroversem Potential an. Wie breit
religiöse Riten und Symbole im Rahmen von fiktionalen Sendungen, von
journalistischen Beiträgen und selbst in der Werbung durch das Fernsehen
allpräsent sind, ist ein erstaunliches Ergebnis der Studie. Welche Prägung des
Zuschauers und welches Bild der Religionen und "Gott und der Götter"
daraus resultiert bietet weitere, hochinteressante Anstöße zur weiteren und
näheren Betrachtung der realen Fernsehlandschaft, gerade im Blick auf
Minderheitsreligionen.
Fazit
Sauber formuliert und in sich logisch aufgebaut ist das Buch ein ansehnlicher
Beitrag zu einer allgemein eher am Rande bisher stattfindenden Diskussion.
Vorgeschlagen von Lesefreund
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veröffentlicht am 04. Juli 2011 2011-07-04 16:11:36